Philipp Ikrath ist Vorstandsmitglied von Jugendkulturforschung.de. Seine Arbeitsschwerpunkte liegen auf Jugendwerteforschung, Jugend und Kultur, Bildung und Arbeitswelt sowie jugendkulturellen Trends.

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Um den Ruf der Lehre ist es in Österreich eher schlecht bestellt. Vor allem in den Städten gilt sie als ein Auffangbecken für all jene, die es nicht an eine weiterführende Schule geschafft haben.

Die Möglichkeit, eine Lehre mit der Matura zu kombinieren, hat an ihrem schlechten Image bis jetzt auch nur wenig geändert. Schuld daran ist auch eine völlig einseitige Bildungsdebatte, die ausschließlich um die Elitenförderung kreist.

Fragen, wie die Akademikerquote erhöht werden kann oder ob die Donau-Uni nun das Promotionsrecht bekommen soll oder nicht, erhitzen die Gemüter, die oft miserable Ausstattung der Pflichtschulen interessiert aber niemanden.

Mehr investieren

Und wenn im Bereich Tourismus fast 30 Prozent ihre Lehre abbrechen, führt das kaum jemand auf die miserablen Arbeitsbedingungen dort zurück. Nein, selbstverständlich sind allein die faulen Lehrlinge, denen es im Unterschied zum ambitionierten Gymnasiasten schlicht an Motivation und Verantwortungsbewusstsein fehlt, um die Lehre erfolgreich zu Ende zu bringen, Schuld an ihrer eigenen Misere.

Strukturelle Probleme im Ausbildungssystem werden, wie so oft, völlig ausgeblendet oder mit einem salopp hingeworfenen "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" in die Sphäre der individuellen Problembewältigung abgewälzt. Angesichts des schlechten Images der Lehre überrascht es dann doch, wenn, wie die österreichische Jugend-Wertestudie 2011 zeigt, 70 Prozent der Lehrlinge sagen, ihre Lehrausbildung trotz allem zu mögen. Zum Vergleich: Nur die Hälfte der Schülerinnen und Schüler geht gerne in die Schule.

Zur Aufwertung der Lehrausbildung bedarf es vor allem zweier Dinge:

  • Erstens ist es notwendig, für die Berufsschulen mehr Geld lockerzumachen, insbesondere im Vergleich zum Sektor der Höheren Bildung ist das notwendig.

In der Marktgesellschaft wird Anerkennung nun mal in Geld ausgedrückt. Wenn dieses in den Berufsschulen fehlt, so wird damit auch implizit gesagt, dass sie der Gesellschaft im wahrsten Sinne des Wortes nichts wert sind. Auch gut gemeinte Imagekampagnen reichen hier nicht aus und kommen vor allem den Lehrlingen nicht zugute.

  • Zweitens ist es zu wenig, Lehrlinge allein für einen Beruf auszubilden. Vielmehr muss man ihnen auch das Handwerkszeug dazu mitgeben, sich in einem immer komplexer werdenden gesellschaftlichen Umfeld zu behaupten, und dieses Handwerkszeug ist eben umfassendere Bildung, wie sie auch von den Lehrlingen selbst gewünscht wird: "Bildung bringt dir selbstständiges Denken bei und die Fähigkeit, Zusammenhänge zu bilden. Bei einer handwerklichen Ausbildung weiß man, wie man das Holz zusammenbaut. Bildung heißt, man weiß, wo das Holz herkommt", wie es ein ehemaliger Tischlerlehrling formuliert.

Denn das kommt nicht zuletzt auch den Betrieben zugute, die sich ihrerseits über qualifizierteres Personal freuen können. Ende der Serie. Alle Teile zum Nachlesen finden Sie hier. (Philipp Ikrath, DER STANDARD, 7./8.12.2013)