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Als Jacob Zuma (links) und Thabo Mbeki zur Feier von Nelson Mandelas 90. Geburtstag 2008 öffentlich Einigkeit demonstrierten, war ihr Machtkampf in der Partei längst in vollem Gang.

Foto: EPA/KIM LUDBROOK

Nicht nur Nelson Mandelas Familie traf sich zuletzt schon vor seinem Tod im Streit um sein materielles Erbe vor Gericht: Auch politisch ist seine Nachfolge umstritten. Im Afrikanischen Nationalkongress (ANC) toben heftige Flügelkämpfe, immer wieder haben sich zuletzt ehemalige Mitstreiter in Splitterparteien engagiert. Die einstige Anti-Apartheid-Bewegung wird immer mehr von Vorwürfen der Korruption und des zunehmenden Autoritarismus gebeutelt.

Dabei schien Mandelas Nachfolge zunächst klar geregelt: Als der vormalige Vizepräsident Thabo Mbeki 1999 sein Amt an der Spitze des Staates übernahm, gab es kaum Zweifel an seiner Führungsrolle. Zu clever hatte er in der Partei gegen mögliche Konkurrenten opponiert. Innerparteilich war er sich seiner Sache so sicher, dass er sich schon vor seiner Wahl öffentlich über Mandelas vermeintlich "alberne Hemdenwahl" lustig zu machen traute.

Der Eindruck, dass er schon damals für Entscheidungen der Regierung Mandelas verantwortlich gewesen sei, die später unpopuläre Folgen hatten, brachte ihm aber bald Kritik ein. Er wurde mit dem relativ liberalen Wirtschaftskurs des Landes identifiziert und mit den mangelnden wirtschaftlichen Aufstiegschancen breiter Teile der Bevölkerung. In Erinnerung bleiben auch die Nähe zur Regierung Robert Mugabes in Simbabwe und Mbekis völlige (und katastrophale) Fehleinschätzung der HIV-Epidemie in seinem Land.

Mann des Volkes

Der intellektuell-kühle, als persönlich integer geltende Mbeki stellt einen Gegenpol zu dem Mann dar, der ihm 2009 nach heftigem Machtkampf folgte: Jacob Zuma galt als Mann des Volkes. Unter seiner Führung sollte die wirtschaftliche Schieflage korrigiert werden. Weder die zahlreichen Skandale, die ihn schon damals begleiteten - darunter der Vorwurf der Vergewaltigung sowie mehr als 700 Verfahren wegen finanzieller Ungereimtheiten -, noch die Gründung einer neuen Partei aus Mbeki-treuen, ehemaligen ANC-Abgeordneten (Congress for the People - COPE) konnten seiner Wahl zum Präsidenten 2009 ernsthaft gefährlich werden; dafür ist der ANC wohl auch heute noch als jene Bewegung, die Südafrika von der Apartheid befreit hat, zu tief im Volk verankert.

Dass dennoch ein Bedürfnis nach Veränderung besteht, zeigen auch weitere Parteineugründungen früherer ANC-Mitglieder: Erst in diesem Sommer gründete die frühere Anti-Apartheid-Aktivistin Mamphela Ramphele ihre Agang-Partei, die gegen die "Kultur der Bestechung und Straflosigkeit" im Land vorgehen will. Sie kritisiert auch den zunehmend autoritären Führungsstil von ANC und Zuma, der die Entfernung unvorteilhafter Bilder von sich aus Galerien verlangt hat und Zeitungsberichte über sein 20 Millionen Euro teures Anwesen verhindern wollte.

Soziale Schieflage

Weil auch Zuma einer Lösung der sozialen Frage kaum nähergekommen ist, erfreuen sich auch Populisten wachsender Aufmerksamkeit; an deren Spitze die Economic Freedom Fighters (EFF) des 2011 aus der Partei ausgeschlossenen Ex-Chefs der ANC-Parteijugend, Julius Malema. Ihre Vorbilder gehen über die Landesgrenzen hinaus: Ein Eid, den Mitglieder ablegen müssen, verpflichtet sie nicht zu den Idealen Mandelas, sondern zu den wesentlich radikaleren Ideen von Thomas Sankara, dem 1987 als Präsident Burkina Fasos gestürzten "Che Guevara Afrikas". In Stimmen konnten sie die Aufmerksamkeit bisher aber nicht ummünzen: Die EFF liegen im Umfragen bei rund vier Prozent. (Manuel Escher, DER STANDARD, 7.12.2013)