Der Clubraum des Imperial wurde zum "Restaurant Opus" adaptiert.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Ambitioniert ziselierte Kombinationen, allesamt in Appetithappen-Größe.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Wer je im Restaurant der Staatsgastbleibe Imperial zu Gast war, wird sich an Zimmerfluchten mit schwerer Holztäfelung erinnern, an Habsburger in Öl, die einem aus dicken Goldrahmen auf die Teller lugen - und daran, dass man die Räume mit einiger Wahrscheinlichkeit für sich allein hatte.

Das Essen gestaltete sich als schwerfällige Melange internationaler Edelzutaten, denen ein diffus austriakischer Anstrich zu geben versucht wurde. Es war auch wegen der exorbitanten Preise nicht angetan, ein Publikum anzuziehen, das über verirrte Hotelgäste und Musikvereins-Abo-Halter hinausging. Der bis weit ins neue Jahrtausend geltende Sakko- und Krawattenzwang hingegen sollte als Zeichen von Charakter und unerschütterlicher Treue an die Welt von Vorvorgestern interpretiert werden.

Retro-Flair

Irgendwann im Vorjahr war damit Schluss, die Räume werden seitdem renoviert. Als Restaurant des nominell feinsten Hauses der Republik wurde der Clubraum, ein nur über verwinkelte Gänge erreichbares Hinterzimmer des Cafés, zum "Restaurant Opus" adaptiert.

Der Raum war (wie auch das nunmehr grell beleuchtete Café) ursprünglich von Josef Hoffmann und Oswald Haerdtl konzipiert, mit etwas Fantasie kann man dieses Erbe noch erahnen: Reichlich Spiegel mit stilvollen Altersflecken, eine frisch aufgepolsterte, um den Raum gezogene Lederbank - die Elektro-Kandelaber und Stahlreliefs hingegen wurden neu an die Wand geschraubt.

Dafür verbreitet die Tischdeko mit Röschen und einer (wegen mangelnder Belegung weiterer Tische) ziemlich einsam brennende Kerze unverändert angestaubtes Retro-Flair.

Frischer Geist in der Küche

Der Speisekarte zufolge wirkt in der Küche aber ein frischer Geist: Es gibt drei Menüs, darunter gar ein vegetarisches (das aber ausschließlich aus Bestandteilen der anderen Speisen zusammengeflickt scheint).

Dass mit Stefan Speiser der Souschef des Hauses - und nicht Imperial-Küchenchef Rupert Schnait - im Opus den Kochlöffel in der Hand hat, könnte man als mutiges Zeichen verstehen, dass hier einem energischen Talent Raum zur Entfaltung gegeben werden soll.

Es könnte aber auch so sein, dass die Ausstattung der Küche keine Sprünge zulässt und man im Zweifel lieber einen jungen Mitarbeiter ins Messer laufen lässt.

Karotten-Schnickschnack

Darauf lässt zumindest der Zustand dessen schließen, was schlussendlich den Tisch erreicht: Ambitioniert ziselierte Kombinationen, allesamt in Appetithappen-Größe, oft mit allzu modischem Anspruch, der Garpunkt aber scheint durchwegs exakt getroffen.

Spätestens beim Kosten stellt sich Ernüchterung ein: Bis auf die köstliche Petersilwurzelsuppe mit Kalbskopfravioli sind sämtliche Gerichte nur noch halbwarm. Kabeljau, wunderbar blättrig, mit allerhand Karotten-Schnickschnack, wird damit schnell zur Herausforderung.

Auch die confierte Schleie mit gerösteten Sellerieflankerln, Schnittlauch und - tütü! - gefriergetrocknetem Kaviar aus der Mühle (siehe Bild) gerät trotz Winzigkeit der Portion zur Prüfung: Luxusgäste sind halt nur selten so hungrig, dass sie auch kalt gewordenes Essen zusammenputzen.

Man will sich gar nicht vorstellen, wie sich das alles ausgehen soll, wenn einmal tatsächlich mehr als zwei Tische gleichzeitig besetzt sind. (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 31.1.2014)