Für Menschen mit Behinderung ist es schwierig, Arbeit zu finden. 287.206 Personen mit Handicap waren im Jahr 2013 arbeitslos.

Foto: Tiplovsek/Volkshilfe

Wien – "Es muss weh tun", meint Erwin Buchinger. Geht es nach dem Behindertenanwalt, soll es Dienstgeber in Österreich schmerzen, wenn sie keine oder weniger Menschen mit Behinderung beschäftigen, als sie aufgrund ihrer Betriebsgröße eigentlich müssten. Zumal die Zahl der beim Arbeitsmarktservice (AMS) registrierten Personen "mit gesundheitlichen Vermittlungseinschränkungen" laut Bericht der Behindertenanwaltschaft seit 2005 um 66 Prozent gestiegen ist: Voriges Jahr waren es 287.206 Personen. Zum Vergleich: Die Zahl der Arbeitslosen ohne Behinderung ist in der Zeitspanne um 13,6 Prozent gestiegen.

Damit es "weh tut", fordert Buchinger eine Verdoppelung der Ausgleichstaxe – obwohl die Taxe jährlich valorisiert und erst im Herbst 2010 für Betriebe ab 100 Mitarbeitern um die Hälfte angehoben wurde.

Derzeit müssen Unternehmen in Österreich ab 25 Beschäftigten eine Person mit Behinderung aufnehmen und je 25 Dienstnehmern eine weitere. Tun sie das nicht, haben sie dem Bundessozialamt jährlich eine Ausgleichstaxe in Höhe von 244 Euro pro Monat für jede Person mit Behinderung, die zu beschäftigen gewesen wäre, zu bezahlen. Bei Unternehmen ab 100 Dienstnehmern sind es jeweils 342 Euro, ab 400 Dienstnehmern je 364 Euro.

Kündigungsschutz gelockert

Buchinger ist zuversichtlich, dass sich die Regierung 2014 mit einer Erhöhung der Taxe befasst, weil Ende Oktober 2010 auch der Kündigungsschutz für Menschen mit Behinderung ausgesetzt wurde und man diese Maßnahme evaluieren müsse. Seither können Menschen mit Behinderung bis zum 49. Monat der Beschäftigung ohne Zustimmung des Bundessozialamts gekündigt werden. Vorher lag die Spanne bei einem halben Jahr.

Im Arbeits- und Sozialministerium sieht man in der Thematik keine Eile geboten, eine Evaluierung der im Herbst 2010 erfolgten Maßnahmen bezüglich Kündigungsschutz und Ausgleichstaxe mache erst nach vier Jahren Sinn, sagte eine Sprecherin des Ministers Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Donnerstag – denn so lange sei ja der besondere Kündigungsschutz ausgesetzt. Eine Erhöhung der Ausgleichstaxe über die Valorisierung hinaus, werde derzeit nicht angedacht – "zumal sie ja erst erhöht wurde", sagte die Sprecherin. Auch im Wirtschaftsministerium zeigt man sich abwartend.

Weniger Sonderpädagogen

Weiteren Handlungsbedarf sieht Buchinger, der mit 1. Jänner 2014 erneut zum Behindertenanwalt bestellt wurde, auch in der Bildung. So sei die Zahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zwar gestiegen, gleichzeitig aber die Zahl der Planstellen für sonderpädagogische Betreuung um 7,4 Prozent gesunken – für Buchinger eine "nicht akzeptable" Entwicklung. Diese stehe dem im Regierungsprogramm in Aussicht gestellten Ausbau der Integrationsklassen und der Weiterentwicklung der inklusiven Bildung im Wege.

Positiv beurteilt Buchinger die seit 1.1.2014 geltende Erweiterung des Berechtigtenkreises für Behinderten-Parkausweise. Laut Buchinger sind seither bereits 10.000 neue Parkausweise ausgestellt worden.

Im Jahr 2013 haben sich rund 1100 Menschen an die Behindertenanwaltschaft gewandt. Das waren um 9 Prozent mehr als 2012. (Gudrun Springer, DER STANDARD, 7.2.2014)