Im Naturpark Mürzer Oberland sind Schneeschuhe derzeit hilfreich.

Foto: Naturpark Mürzer Oberland / Michael Gletthofer

Anreise: per Bahn bis Mürzzuschlag und mit dem Bus nach Neuberg
Route:
Neuberg - Sieberwarte - Arzbachhöhe - Veitschbachtörl (1406 m) - Hocheck (1418 m) - Veitschbachhöhe (1310 m) - Neuberg
Gehzeit:
4 Stunden
Lawinengefahr:
geringe
Einkehr:
unterwegs keine
Karte:
Kompass 228/2, 1:25.000

Karte: Der Standard

Das Hocheck im Naturpark Mürzer Oberland fristet ein einsames Dasein, da die volle Aufmerksamkeit der Wintersportler eher den bekannteren Nachbarn gilt: der Schneealpe und der Veitsch. Wahrscheinlich gerade deswegen ist der Waldgupf über dem Arzbachtal ein stilles, sicheres, aber auch vielseitiges Talent, das nicht nur Ski- und Schneeschuhtouren zulässt, sondern in Neuberg auch ein kulturelles Rahmenprogramm bietet.

Zeitreise

Es beginnt in der gotischen Zisterzienserabtei, die ihrerseits noch ein Naturmuseum und die Glasmanufaktur Kaiserhof beherbergt. Hier wird mit Hingabe und Verve die alte Tradition des Glasmachens gepflegt; in einer Schauwerkstatt kann man zusehen, wie eine 1250 Grad heiße, rot glühende Masse jongliert wird, bis daraus kunstvolle Glasfiguren, Wasserspender oder Pokale entstehen. Die Besichtigung des "Doms im Dorf" selbst, wie die imposante Hallenkirche des Neuberger Münsters auch genannt wird, heben wir uns für später auf.

Die Zeitreise beginnen wir im Ortszentrum und folgen dem rot markierten Weg 481 zur Sieberwarte, wo wir - so es die Schneelage erlaubt - die tennisschlägerähnlichen Trapperschuhe anlegen.

Die Warte wächst zwar immer mehr zu, gewährt aber gerade noch einen Ausblick auf Schneealpe und Stift. Was dann folgt, ist der lange, konsequent ansteigende und einsame Weg über den Waldkamm zwischen dem Arzbach- und Veitschbachtal, ein Weg, den Ruhesuchende besonders schätzen werden.

Ein Hauch von Alaska-Feeling

Am Ende führt ein etwas steilerer Hang auf die beinahe baumlose Lichtung des Veitschbachtörls, von wo aus wir in weiteren 30 Minuten zum Waldgipfel des Hochecks gelangen. Dieses letzte Stück über den unmarkierten Südkamm sei allerdings nur Schneeschuhwanderern empfohlen, die ob der Ausgesetztheit einen Hauch von Alaska-Feeling erleben wollen.

Zurück beim Veitschbachtörl wenden wir uns nach Norden und stapfen über einen Waldkamm Richtung Veitschbachhöhe. Nun entweder über diese weiter und nördlich hinab in einen Graben - oder links von ihr dem Sommerweg nach über die Hallegg-Lichtung.

Beide Varianten führen zu einer Forststraße, der wir nun in weitem Rechtsbogen in den Sattel zwischen Kuhhörndl und der Veitschbachhöhe bis zu den Häusern am Hochwindgut folgen. Von hier geht es links über einen Wiesenhang nach Neuberg hinunter.

Wanderung durch Denkweisen

Im Anschluss an die nur vierstündige Tour bleibt genügend Zeit, die beeindruckende Hallenanlage des Münsters mit ihrem gewaltigen Holzdachstuhl, dem Renaissance-Altar und dem mit kostbaren Reliefs dekorierten Kreuzgang zu besichtigen.

Man sieht es in jedem Winkel, dass das Münster als einzige ehemalige Abtei Österreichs seinen mittelalterlichen Charakter bewahren konnte. Das Kloster wurde 1327 vom Habsburger Herzog Otto dem Fröhlichen und seiner ersten Frau Elisabeth von Niederbayern gegründet.

Wer mittelalterliche Denkweisen besser verstehen möchte, erwandert die originellen "Lesezeichen", die hier im Rahmen der "Steirischen Literaturpfade des Mittelalters" entstanden sind. Acht Stationen auf dem Stiftsareal thematisieren mittelalterliche Literatur und Spiritualität.

Grundlage des hiesigen Literaturpfades ist die deutschsprachige Dichtung Soliloquium Mariae cum Jesu des Mönchs Andreas Kurzmann, der hier um 1400 lebte. Wer sich ein wenig auf sein Werk einlässt, lernt einen aufgeweckt-frechen Interpreten des christlichen Heilsplans in der keineswegs so finsteren Welt des Mittelalters kennen. (Thomas Rambauske, DER STANDARD, 15.2.2014)