Eine Person, ganz viele Jobs. Für jene Menschen, die es sich aussuchen können, ist "Multijobben" das Größte. Für andere schlicht ökonomische Notwendigkeit.

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Für jene Menschen, die glücklich mit ihrem einen Job sind, der ihnen neben Einkommen auch noch das Gefühl gibt, ausgefüllt zu sein, gebraucht und anerkannt zu werden, mag die Aussicht auf mehrere Jobs auf einmal überfordernd oder gar unnötig wirken. Für wiederum andere, die um ihren einzigen Job fürchten oder gar einen suchen – was ja in Zeiten der sogenannten Krise – nicht so selten vorkommt, wäre ein (Zweit-)Job hilfreich. Job aber im Sinne von "bezahlter Arbeit".

Betreuungspflichten unterschiedlicher Art – von Kinderbetreuung bis Pflege, die von Familienmitgliedern, großteils Frauen und Müttern übernommen werden – sind unbezahlt und haben vielleicht auch deshalb den Nimbus eines "Kein-Jobs". Der Job oder die Verpflichtungen, denen man nachgeht, füllen einen Tag in der Regel jedenfalls gut aus.

Nicht schlecht staunt man deshalb als Mensch mit zwei Fulltime-Jobs (also 40 Stunden im Büro und Familie) über andere, die sich Multijobber nennen. Menschen, die sich neben familiären Aufgaben, mit nur einem Job nicht ausgefüllt genug fühlen – und die offenbar ein perfektes Zeitmanagement haben oder sich dieses Tun in Form von Multijobben in verschiedensten Bereichen – mit Verlaub - auch finanziell leisten können. Bei denen rattert's durchgehend.

"Hobby zum Beruf gemacht"

Die Frage warum man nicht aus den vielen Hobbys – nähen, stricken, Baumhäuser bauen oder das Wohnzimmer von Freunden einrichten - Geld machen sollte, haben sich sicher schon viele gestellt. "Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht" gilt ja schon als Stehsatz. Und dann ist die Frage: Warum nicht gleich mehrere Hobbies zum Beruf machen, für einige nicht mehr allzu weit weg.

Beate Westphal, Autorin von "Das Job Patchwork Buch. Kreativität, Freiheit, Selbstverwirklichung" hat dieses Konzept für sich umgesetzt. Ihre Haltung: Mit einer Kombination aus Tätigkeiten, die man gerne tue und in denen man seine Vielzahl an Talenten unter Beweis stellen könne, sei befriedigender als ein Leben mit nur einem Job, den man bestenfalls "okay" finde. Klingt einerseits ganz einleuchtend, bleibt andererseits aber immer eine Frage der individuellen Lebenssituation und -phase bzw. persönlichen Befindlichkeit. Der Gerechtigkeit halber muss gesagt werden, dass Westphal dem Leser das Multijobben ja nicht aufzwingt.

Das Vorhaben der Autorin ist lediglich, andere dazu zu motivieren, sich ihren eigenen Traumjob aus mehreren Tätigkeiten zu "basteln", anstatt einem vermeintlichen Traumjob ewig nachzujagen – was auch durch mehrere Jobwechsel meist kein langfristig befriedigendes Ergebnis bringe. Dazu dann gleich ein Beispiel: Ein Jobmix aus einem Teilzeitjob (zur Sicherung der Miete), einer Teilselbständigkeit, die auf Dauer ausgebaut werden kann und einem sporadischen Lehrauftrag zur persönlichen Weiterentwicklung. Dem Multijobber wird sicher nicht fad.

Alter Wein im rosa Schlauch

Multijobben ist kein neues Phänomen - es gibt sehr viele Menschen, die mehrere Jobs gleichzeitig ausüben. Was letztere aber von Frau Westphal unterscheidet, ist die Unfreiwilligkeit einer solchen Arbeitssituation. Dennoch sieht die Autorin und selbst Multijobberin in dem von ihr vorgeschlagenen Modell Vorteile –  und nicht zu wenige: „Man kann verschiedenen Interessen nachgehen, ist weniger abhängig von einem Arbeitgeber und einer speziellen beruflichen Ausrichtung, kann sein Berufsleben flexibel gestalten und besser auf die persönlichen, vielleicht wechselnden Lebensumstände anpassen."

Und in ihrem Buch erklärt sie wie das gehen kann – Schritt für Schritt mit 30 Kaffeepausen am Anfang zum Brainstormen, was genau man machen möchte und wie genau das gehen soll. Auch das Geld wird in die Planung mit einbezogen. Recht schlicht, aber dann auch nicht ganz weltfremd, weil sie aus ihrer eigenen Erfahrung erklären kann, welche verschiedenen Arbeitsbereiche gut zusammen passen und wie man diese organisieren kann. Auch für den Umgang mit Geld und Ämtern gibt es Ratschläge. Dazu gibt’s Übungen, Selbsttests und Praxisbeispiele erfolgreicher Job-Kombinierer. Vielleicht fühlen sich einige Leser angesprochen. (Heidi Aichinger, derStandard.at, 12.3.2014)