Wien - Nach dem Radjahr 2013 will sich Wien nun verstärkt um Fußgänger kümmern. Noch heuer starten die ersten Stadt-Flanierrouten, die durch mehrere Bezirke führen und die Peripherie mit dem Zentrum spazierfreundlich verknüpfen sollen. 2015 wird dann die weltgrößte Fachkonferenz zum Thema Zufußgehen, die "Walk21", in Wien ausgetragen, freute sich Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) am Mittwoch.

Bezüglich der Geh-Highways habe man sich vorerst für zwei Routen entschieden. Über den genauen Verlauf wollte die Ressortchefin in einer Pressekonferenz noch nichts verraten, schließlich laufe die Detailplanung noch. Der Finanzierungsschlüssel mit den Bezirken - seitens derer gibt es laut Vassilakou diesbezüglich eine "hohe Motivation" - muss außerdem noch geklärt werden.

Spazieren schmackhafter machen

Nur so viel: Es gehe um mehrere Kilometer. Durch speziell ausgeschilderte Korridore und zahlreiche Verbesserungsmaßnahmen entlang derselben - etwa breitere Gehsteige, mehr Sitzgelegenheiten, bessere Ampelschaltungen, Trinkwasserstellen, Begrünung oder stellenweise Bodenniveauangleichungen - will die Stadt den Wienern das Spazieren schmackhafter machen. Die fußgängerfreundliche Gestaltung neuer Stadtteile und flächendeckende Tempo-30-Zonen in Wohngebieten, diese sind laut Ressortchefin so gut wie abgeschlossen, sollen auch ihr Scherflein betragen. Schließlich will die Stadt den Passantenanteil am Gesamtverkehrsaufkommen in den kommenden zehn Jahren von derzeit 27 auf dann mindestens 30 Prozent heben.

Wie man das Gehen in einer Großstadt gezielt fördern kann, damit beschäftigen sich zahlreiche Experten im Rahmen der jährlichen Fachkonferenz "Walk21". Zwecks Gewinnung stadtplanerischer Impulse lädt die Stadt im Herbst 2015 nun zur Ausrichtung ins Wiener Rathaus. 1,2 Millionen Euro lässt man sich die Veranstaltung kosten, wobei hier noch Sponsoren- und Eintrittsgelder abzuziehen seien, hieß es. 700 bis 1.000 Teilnehmer werden erwartet.

Politik unter Handlungsdruck

"Walk21"-Präsident Jim Walker - ja, er heiße wirklich so, versicherte er auf Nachfrage - verwies auf den Trend in vielen Großstädten wie etwa New York, wo Straßen oder Plätze für Fußgänger verkehrsberuhigt würden. Die Politik sei unter Handlungsdruck geraten: "Die Leute hatten genug und zogen weg." Teheran, Paris, London oder diverse Städte in China kämpften mit Verkehrskollaps und schlechter Luft, deshalb sei in vielen Teilen der Welt Experten-Know-how gefragt, wie man das Gehen fördern könne.

Walker verwies auch darauf, dass Befürchtungen der Geschäftsleute infolge von Verbannungen des motorisierten Verkehrs nicht nur hiesige Phänomene - siehe Mariahilfer Straße -, sondern weltweit zu beobachten seien. Offenbar unberechtigterweise, wie der Konferenzchef auf diverse Studien verwies. Demnach lassen Autofahrer zwar pro Einkauf mehr Geld im Geschäft, allerdings gehen Fußgänger viel öfter shoppen. Über ein Monat gerechnet geben sie somit um rund 50 Prozent mehr aus. Wobei er betonte, dass er keinesfalls "anti-car" sei, man den Menschen aber Alternativen bieten müsse. In London etwa seien derzeit 80 Prozent des öffentlichen Raums für Straßen reserviert.

Walker stellte Wien ein durchaus gutes Zeugnis in Sachen Fußgeherei aus. Die Stadt habe gewissermaßen "Bergluftqualität" und dass hier nicht gehupt oder gar Strafzettel ausgestellt würden, wenn man als Passant die Straße abseits von Zebrastreifen quere, sondern Autofahrer stehen bleiben und lächeln würden, will er ebenfalls beobachtet haben. (APA, 26.3.2014)