Da bin ich der Hirnforschung aber extrem dankbar, und mein Held heißt Gerald Hüther, Göttinger Professor für Neurobiologie, der mir mit seinen Gedanken zu Familie und Erziehung meine Gedanken zu Familie und Erziehung um einige Sorgen erleichtert hat. Immer wieder zitiert er in Vorlesungen und Vorträgen ein afrikanisches Sprichwort, das besagt, dass es, um ein Kind großzuziehen, ein ganzes Dorf braucht. Wir wären die Ersten, sagt der Professor, die glauben, eine Familie könnte das allein bewerkstelligen. Ein alleinerziehender Elternteil, so Hüther, demnach noch weniger.

Der Professor plädiert dafür, neue Dörfer zu bauen, auch für die Stadt, wo heute bekanntlich die meisten Kinder aufwachsen. "Ha!", frohlocke ich da innerlich, "so ein Dorf, das sind wir ja schon!" Mit unterschiedlichen Bewohnern in unterschiedlichen Wohnsitzen: Ein ganzes Patchwork-Dorf! Was für ein Vorteil, denn Patchwork-Kinder laufen, schenken wir dem Hirnforscher Glauben, weniger Gefahr, nur einer Mama oder einem Papa ausgeliefert zu sein, sondern haben mehr Ressourcen an mitelterlichen Gemeinschaften.

Leider habe ich diese Woche kein Foto für dich!

Dass aber zu diesem Dorf, das mein Kind mit erzieht, jetzt Woche für Woche auch eine Modelvilla in Los Angeles gehört, habe ich so nicht wirklich geplant. Das sind eben die neuen digitalen (und globalen) Dörfer, deren Bewohner zum Beispiel auch in einer Tour "Quizduell" spielen oder "Whatsapp"-Meldungen im Minuten-Takt bekommen.

Hüther sagt, wichtig sei es, Vorbild zu sein, notfalls auch ein schlechtes (alles ist relativ), wie auch schon ein anderer berühmter Wissenschaftler, nämlich Albert Einstein, sagte. Also schaue ich Woche für Woche mit dem Kind mit, was in der Modelvilla vor sich geht, natürlich nur, um die emotionale Bindung zum Kind zu stärken. Zum Glück muss Germany’s Next Topmodel-Mutter Heidi Klum meine Topmutter- und Rolemodel-Qualitäten nicht beurteilen, sonst hätte sie vielleicht diese Woche kein Foto für mich. (Mia Eidlhuber, 30.3.2014, derStandard.at)