Andreas Etzelstorfer und seine Liebe ...

... zum Handgemachten: Einmal besteht das Haus komplett aus Holz, ...

... ein andermal aus Kalkstein mit ebenfalls steinernen Fensterläden.

(Fotos: Orla Connolly, Jens Weber)

Fast sieht es aus wie eine Scheune - das fensterlose Ding aus Holzlatten, das im Nebel auf einer niederösterreichischen Wiese steht. Doch was sich zur Straße hin rau und geschlossen zeigt, öffnet sich zur Talseite mit breiter Glasfront und birgt im Inneren 90 Quadratmeter hellen Wohnraum, der zusätzlich Licht von oben bekommt.

Entworfen wurde das Niedrigenergiehaus, das inzwischen mit dem Velux-Flachdachpreis ausgezeichnet wurde, vom jungen Wiener Büro Backraum. Der Name ist Programm, denn das von Andreas Etzelstorfer gegründete Architekturbüro befindet sich in einer ehemaligen Backstube in Wien-Neubau. Seit 2011 wird sie als Büro genutzt. Umgebaut hat Etzelstorfer sein Büro von Hand und (mit etwas väterlicher Hilfe) im Alleingang, wie er betont: "Boden, Elektrik, Putz, einfach alles!" Nach eineinhalb Jahren Baustelle konnte es bezogen werden. Im Ladenlokal nebenan kam ein tatsächlicher Backraum unter, eine Bäckerei, die von Etzelstorfers Freundin, ebenfalls Architektin, betrieben wurde.

Liebe zum Material

Die Liebe zum Handgemachten zieht sich durch alle Bauten und Projekte. "Jedes Projekt hat einen bestimmten Schwerpunkt im Material", sagt Etzelstorfer. Ein Lieblingsmaterial gebe es zwar nicht, aber Synthetisches aus dem Hightech-Labor bleibt in der Backmischung eher außen vor. "Das Erdige, Natürliche liegt mir mehr."

Wo die Liebe zum Material regiert, sucht man auch im Experiment das Machbare: "Ich bin niemand, der sich ewig verzettelt. Ich suche die pragmatische Lösung, die funktioniert." Auf die Suche nach dem idealen Rezept für eine neue Aufgabe macht man sich am liebsten direkt vor Ort. Und wenn dieser ein Grundstück am Attersee ist, dann kann es schon sein, dass man erst einmal in Ruhe dort angeln geht.

Felsenkulisse inspirierte

Mit dem Ergebnis, dass für das soeben fertiggestellte Ferienhaus eine lebendige Kalksteinfassade gewählt wurde, inspiriert von der Felsenkulisse vis-à-vis. Die Materialzutat ist voll aufgegangen: Sogar die großen, flächenbündig eingepassten Klappläden vor den Fenstern, die sich hydraulisch hochfahren lassen, erstrahlen im massiven Steinlook. Die freundschaftliche Kooperation am Bau liegt den Architekten übrigens besonders am Herzen. Da freut man sich, wenn der Bauherr Kaffee auf die Baustelle bringt. Ein respektvolles Verhältnis während der Planungs- und Bauphase, meint Etzelstorfer, zahle sich immer aus.

Die nächsten Forschungsprojekte sind bereits in Arbeit: Für ein Mehrfamilienhaus beim Lainzer Tiergarten hat man sich für rötliches Zedernholz entschieden. Ein Einfamilienhaus im Waldviertel soll eine Fassade aus einseitig verkohltem Holz bekommen. Ländliche Behaglichkeit in Pechrabenschwarz? "Warum nicht?", fragt Etzelstorfer. "Früher hat man mit diesen Techniken das Holz haltbar gemacht." Im Moment recherchiert man nach Holz-Kohle-Rezepten aus dem 19. Jahrhundert. Denn wenn alles architektonisch abgestimmt ist, darf auch im Backraum mal etwas anbrennen. (Maik Novotny, DER STANDARD, 19.4.2014)