Fliederfladern, am besten entlang der Friedhofsmauern oder hinter Maschendrahtzaun, gehört zu des Wieners liebsten Beschäftigungen im Juni. Die Chuzpe, diesen auch zu verschenken, ist ihm zusätzlich eigen. Die Fliedereigner nehmen das in Kauf, nehmen ihnen die Fladeranten, so sie nicht übertreiben, doch einiges an Arbeit ab - nämlich den Schnitt nach der Blüte. Und trotzdem: Das gehört sich nicht!

Der Gemeine Flieder, Syringa vulgaris, gehört zu den schönsten Ölbaumgewächsen unserer Galaxie. Und es wirkt sehr sympathisch, dass es in der Regel nicht irgendeine hochadelige Zuchtform ist, die unsere Parkanlagen und Gärten schmückt, sondern meist der Gemeine Flieder.

Am zweijährigen Holz

Flieder - auf Esperanto: siringo - ist ganz einfach in der Handhabe: kaufen, eingraben und auf den übernächsten Mai warten, denn der Flieder blüht am zweijährigen Holz. Das sei all jenen ins Stammbüchlein geschrieben, die Jahr für Jahr die langen, einjährigen Triebe kräftig zurückschneiden, weil sie es so von den Rosen und dem Wein gewöhnt sind. Sie schneiden damit auch die Blüten des kommenden Jahres weg.

Jetzt ist es aber so, dass der Flieder immens wüchsig ist und sich bald zu einem baumartigen Busch auswächst, der den gesamten Gartenbereich in Anspruch nimmt. Deshalb braucht es beim Schnitt und der Pflege einen Plan, womöglich deren zwei.

Der erste Plan sieht so aus, dass man prinzipiell einmal alles Verblühte entfernt. Danach betrachtet man den Strauch und überlegt, welche Triebe im kommenden Jahr denn zwei Jahre alt sein werden. Es sind die frischen, in diesem Frühjahr bereits einen Meter lang gewachsenen Äste. Die sollten bleiben - wenn man kein Platzproblem hat.

Drei-Jahres-Plan

Wer mit dem Platz kämpft, nimmt am besten jeden zweiten oder dritten einjährigen Trieb heraus. Damit ist für eine Blüte im kommenden Jahr gesorgt, und es gibt dann auch wieder Platz für neue Triebe, die im darauf folgenden Jahr dann blühen werden. Man denkt also in Drei-Jahres-Schritten, wie bei den Hortensien der Macrophylla-Gruppe.

Plan zwei ist es, mehrere Flieder im Garten zu pflegen und immer nur einen gleich nach der Blüte extrem zurückzuschneiden, ohne dabei blühfähiges Holz für das Folgejahr stehen zu lassen. Jedes Jahr darf so ein Flieder blühen, während der andere gerade Pause hat, um nach einem Radikalschnitt neue, zweijährige Triebe zu entwickeln.

Auf diese Art gibt es - klug geplant - immer eine weiße, im Folgejahr eventuell eine tief-purpurne und im Jahr darauf eine rosarote Pracht im Garten. So geht das. (Gregor Fauma, Rondo, DER STANDARD, 6.6.2014)