Bettina Haidinger, Käthe Knittler: Feministische Ökonomie. Mandelbaum 2014, 12 Euro.

Foto: Mandelbaum Verlag

Dieses Büchlein ist empfehlenswert für alle, die sich kurz und übersichtlich einen Einblick in die feministische Ökonomie verschaffen möchten.

Es geht los mit einem Rückblick auf die Anfänge im 19. und frühen 20. Jahrhundert, wo es bereits eine Vielzahl von Frauen gab, die über die (neu entstandene) Wissenschaft der Ökonomie schrieben.

Weiter geht’s mit einer Übersicht über die Anfänge der Debatten im Rahmen der neuen Frauenbewegung, es folgen eine Kritik am männlichen Konzept des "Homo Oeconomicus", ein Überblick über die "Hausarbeitsdebatte" und eine Analyse der Mechanismen, mit denen Frauen und Genderaspekte generell in der gängigen Wirtschaftswissenschaft unsichtbar gemacht werden.

Care-Arbeit

Ganz zu recht gibt es dann ein ganzes Kapitel zum Thema Care-Arbeit (als dem heute wichtigsten Feld feministischer Ökonomiekritik), eine Analyse des Zusammenhangs zwischen Makroökonomie und Geschlechterverhältnissen, und zum Abschluss einen kurzer Überblick über drei aktuelle politische Vorschläge: Frigga Haugs  "Vier-in-Eins"-Perspektive, die Commons und das Bedingungslose Grundeinkommen.

Ich finde die Herangehensweise der Autorinnen an dieses komplexe Thema sehr gelungen und auch die Systematisierung nach Kapiteln gut gewählt.

Eine kleine Differenz gibt es nur zwischen meiner und ihrer Einschätzung des "revolutionären Potenzials", wenn man so will, der Care-Debatte. Die Autorinnen sehen eine Gefahr darin, dass durch die Tendenz, nicht mehr "Reproduktion" sondern "Care" in den Mittelpunkt zu stellen (wie ich und andere es tun), das Thema entpolitisiert werden könnte, dass die "harten ökonomischen Forderungen" quasi unter den Tisch fallen. Diese Kritik läuft allerdings eher unterschwellig mit.

Perspektivenwechsel

Mir hingegen erscheint gerade dieser Perspektivenwechsel sehr viel radikaler als eine "bloße" Einbeziehung der Notwendigkeit von Care-Arbeit in ökonomische Modelle und Forderungen wie es eben die "Vier-in-Eins"-Perspektive, die Commons oder das Grundeinkommen versuchen.

Vielleicht bewegen wir uns hier auf verschiedenen Ebenen. Die eine wäre die Argumentation innerhalb des bestehenden Konzepts von "Ökonomie" (eine Folie, vor der die Care-Debatte manchmal tatsächlich etwas "unpolitisch" wirken kann). Demnach wäre Care ein Teilbereich der Ökonomie.

Übergeordnetes Anliegen

Das andere wäre aber ein gänzliches Heraustreten aus der bestehenden symbolischen Ordnung, so ähnlich wie es Luisa Muraro im Rückblick auf das “eigentliche” Anliegen des Feminismus beschreibt. Und vor dieser Folie, so meine ich, hat es eine viel grundlegendere Bedeutung, Care ins Zentrum zu stellen.

Weil dann nämlich Care nicht mehr nur eine Unterkategorie von Ökonomie ist, sondern tatsächlich das umfassendere und übergeordnete Anliegen, von dem die Ökonomie wiederum nur eine Unterkategorie ist. So ähnlich, wie wir es im Abschnitt “Care” im ABC des guten Lebens beschreiben. (Antje Schrupp, dieStandard.at, 19.6.2014)