Tiefgekühlte Rattenleber in einer Konservierungsflüssigkeit im maschinellen Durchblutungssystem

Foto: Wally Reeves, Korkut Uygun, Martin Yarmush, Harvard University

Vor genau 60 Jahren gelang in den USA der Durchbruch: Mediziner führten die erste langfristig erfolgreiche Organtransplantation durch. Es war eine Niere, die ein eineiiger Zwillingsbruder seinem anderen spendete, der damit acht Jahre lang lebte. Der Chefoperateur  Joseph Edward Murray erhielt für diese Pionierleistung 1990 den Medizinnobelpreis.

Heute gehören Organtransplantationen zur Routine. Doch etliche Probleme bleiben. Eines ist die geringe Anzahl an Organen: Die Wartelisten für Patienten sind lang. Ein anderes ist die begrenzte Konservierbarkeit von Organen außerhalb des Körpers: Nach rund zwölf Stunden treten trotz spezieller Kühlung die ersten Schäden im sensiblen Zellgewebe ein.

Doch das könnte sich künftig ändern: Tim Berendsen von der Harvard Medical School in Boston und seine Kollegen entwickelten eine neue Methode der Haltbarmachung. Das Besondere daran: Die Organe – in den Experimenten waren es Rattenlebern – werden dabei zwar auf minus 6 Grad Celsius heruntergekühlt. Es bilden sich aber keine schädlichen Eiskristalle. Dadurch wird es bis zu vier Tage lang haltbar.

Mix mit Frostschutzmittel

Das Verfahren besteht aus einem mehrstufigen Prozess, wie die Forscher in „Nature Medicine“ berichten: Zuerst schlossen sie zu transplantierende Rattenlebern an eine Maschine an, die das Organ mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Dann wurde auf demselben Weg eine Mischung aus Frostschutzmittel, einer Glukoseverbindung und einem Polyethylenglykol eingespeist, wodurch die Zellen stabilisiert und Eiskristalle verhindert werden.

Zuletzt kühlten die Forscher die so vorbereiteten Organe langsam auf minus sechs Grad Celsius und konservierten sie auf diese Weise. Nach 72 oder 96 Stunden wurden die Rattenlebern wieder an die Maschine angeschlossen, langsam erwärmt und dann gesunden Ratten eingepflanzt.

Die Organe nahmen nur geringen Schaden: Drei Monate nach der Transplantation der drei Tage unterkühlten Lebern lebten noch 100 Prozent der Ratten, bei den vier Tage konservierten Organen waren es immerhin noch 58 Prozent, berichten die Mediziner.

Rattenleber versus Menschenleber

Bis das Verfahren auch bei menschlichen Spenderorganen angewendet werden kann, sind freilich noch einige Hürden zu nehmen: Eine menschliche Leber etwa unterscheidet sich nicht nur in ihrer Größe von Rattenlebern, sie enthält auch sehr viel mehr Flüssigkeit, wodurch sich das Risiko erhöht, dass sich trotz Frostschutzmitteln Eiskristalle bilden.

Die Mediziner wollen ihr neues Verfahren zunächst an Organen größere Tiere perfektionieren – und hoffen, dass es eines Tages auch in die Transplantationsmedizin Eingang findet, um so die Verfügbarkeit von Spenderorganen deutlich zu verbessern. (tasch, derStandard.at, 3.7.2014)