Grafik: Der Standard

Das Schnalzen zuklappender Karabiner, ihr Rasseln, wenn sie über das Drahtseil rutschen, die am Felsen widerhallenden Juchzer von Kletterern, die eine Schlüsselstelle überwunden haben - das alles bildet die Hintergrundmusik auf dem Klettersteig.

Im neuen Klettersteig-Park Beisteinmauer, hoch über dem oberösterreichischen Ennstal, ist diese Musik vielstimmig. Denn der jetzt schon überaus beliebte Park wurde zwar erst Mitte Mai eröffnet, bietet aber alles, was sich Ferratisti wünschen: sportliche, abwechslungsreiche und perfekt gesicherte Routen, eine großartige Umgebung und eine leichte Erreichbarkeit mit dem Zug.

Zum Aufwärmen ein kulturgeschichtlicher Aperitif

Zum Aufwärmen wandern wir zum Fuß der Wand und nehmen einen kulturgeschichtlichen Aperitif: "Tal der Taschenfeitel" nennt sich die Gegend. Man kennt und schätzt diese alten Taschenmesser, deren Klinge man bis zur Hälfte in den Holzschaft klappt - "Feitel" kommt von "falten". Hier haben die Messer eine jahrhundertelange Tradition, wie man auf dem Weg durchs Trattenbachtal erfahren kann.

Gleich nach der Bäckerei Kleindl ist die letzte noch aktive Feitel-Produktion, die Manufaktur Löschenkohl, daheim. In der Nähe das Museum in der Wegscheid, wo in einer ehemaligen Werkstatt Exponate und Maschinen aus 500 Jahren im Zeichen des Feitels gezeigt werden.

Hetschi-Klettersteig und Karin-Route

Beim Museum zweigen wir nach links auf den Beisteiner Rundwanderweg ab und gelangen über den Trattenbach durch Wiesen und ein Wäldchen zum Parkplatz des Klettergartens. Nur wenige Minuten sind es dann bis zum Einstieg.

Wir beginnen mit dem Hetschi-Klettersteig, der zusammen mit der Karin-Route die längste und "einfachste" Route ergibt. Ein Klacks sind beide Steige nicht, denn Stellen mit der Schwierigkeit C verlangen einiges an Geschicklichkeit, Kraft und Ausdauer; dennoch bleibt genug Gelegenheit, den Kopf zu drehen und über die waldreiche Hügellandschaft des Ennstales zu schauen.

Markt- und Felsnischen

Die Idee zu dieser Klettersteigarena stammt von Michael Großalber von der Naturfreunde-Organisation in Ternberg-Trattenbach. Der passionierte Bergsteiger meint eine "Marktnische" in der an Klettermöglichkeiten armen Region geortet zu haben und fand in der Beisteinmauer den geeigneten Ort für Klettersteige. Mehr als 2400 Stunden haben viele seiner Kolleginnen, Kollegen und er selbst in den letzten eineinhalb Jahren ehrenamtlich zugepackt, um diesen Park zu schaffen.

Bei einer Holzplattform mit Bank ist das Ende des Hetschi-Steigs erreicht. Halbzeit. Über uns baut sich die Wand auf und zeigt, was sie kann - und was Kletterer können müssen, um bis zum Gipfel des Beisteins zu gelangen: Durch die Mauer führen neben einem Übungsklettersteig und der extrem schwierigen Mammutroute (E) vier weitere Varianten in den Schwierigkeitsgraden C und D. Besonders beliebt sind hier eine 15 Meter hohe Aluleiter und eine quer über den Wandfuß reichende, 63 Meter lange Hängebrücke.

Aus- und Abstieg möglich

Wer schon genug hat, kann hier auf einem Wanderpfad ins Tal zurückwandern oder aber über den leichten Abstiegssteig (A-B) zum Gipfelkreuz gelangen. Wir wechseln allerdings noch in den Karin-Klettersteig, dessen zwei längere C-Passagen schwieriger sind als die der Hetschi-Route. Sind die senkrechten Platten erst einmal geschafft, wird’s kurz einfacher, ehe der Weg nochmals "anzieht" und eine Kante zum "Brunner-Bankerl" führt. Dieses in den Felsen geschraubte Sitzplatzerl bietet perfekte Beinfreiheit nach unten und den freien Blick ins Ennstal.

Die letzten Meter zum Gipfelkreuz sind einfach. Für den rund 20-minütigen Abstieg wurde ein teilweise versicherter und mit Leitern versehener Steig angelegt (A und eine Stelle B). Wer dann noch Muße hat, setzt die Partie mit der "Großalber Route" fort - Schwierigkeitsgrad D/E. (Thomas Rabauske, Album, DER STANDARD, 05.07.2014)