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Der Name "Mailüfterl" entstammte einer launigen Bemerkung Heinz Zemaneks selbst: "Einen dieser großen amerikanischen Stürme werden wir wohl nicht entwickeln, aber für ein kleines Wiener Mailüfterl wird's schon reichen."

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Heinz Zemanek vor "Mailüfterl" zum 80. Geburtstag. Der Rechner steht heute im Technischen Museum Wien.

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Aktuell würde man Österreich mit großen Innovatoren in der Computerbranche kaum verbinden. Dass dem nicht immer so war, daran erinnerte 2013 das Technische Museum Wien gemeinsam mit Internetkonzern Google bei einem Fest zu Ehren von "Mailüfterl"-Erfinder Heinz Zemanek. Mit dem Transistorrechner, einem der ersten weltweit, gelang dem österreichischen IT-Pionier 1958 in 66 Minuten die Berechnung der Primzahl 5.073.548.261.

Google nahm den Rechner mit einem Youtube-Video in sein "Computer Heritage Program" auf. Eine Ehre, die bislang ganz wenigen Menschen und schon gar keinem Österreicher zuteilwurde.

computingheritage

Der österreichische Computerpionier erblickte als Neujahrsbaby, am 1. Jänner 1920, das Licht der Welt. Nach der Matura im Juni 1937 studierte er an der TU Nachrichtentechnik. 1944 graduierte er zum Diplom-Ingenieur. Im Juni 1951 folgte die Promotion. Seine Dissertation schrieb er über das Thema des "Zeitteilverfahrens in der Telegraphie". Von 1947 bis 1961 war er Hochschulassistent an der TU Wien. Seine bekannteste Leistung ist der Bau des ersten volltransistorisierten Computers namens "Mailüfterl" auf dem europäischen Festland. Der Name "Mailüfterl" ist ein Wortspiel und bezieht sich auf "Whirlwind", einen Rechner, der in der Zeit von 1945 bis 1951 am Massachusetts Institute of Technology entwickelt wurde.

Zemanek wusste, dass sein in Wien gebauter Rechner nicht die Kapazität und Geschwindigkeit jener in den USA zur selben Zeit in Betrieb gehenden haben würde. Diese nannten sich großspurig "Taifun" und "Wirbelwind". Er meinte aber, typisch österreichisch, für ein Wiener "Mailüfterl" würde es schon reichen. Quod erat demonstrandum.

"IBM-Fellow"

Heinz Zemanek übersiedelte 1961 mit seiner "Mailüfterl-Gruppe" von der damaligen TH Wien zur Firma IBM, die ihm das Wiener IBM-Labor einrichtete. Nach der Verlegung des Wiener IBM-Labors nach Böblingen stieg Zemanek 1976 zum "IBM-Fellow" auf, dem höchsten Rang, den ein Techniker beim Computer-Weltmarktführer erreichen kann. Dies beutete einen Forschungsauftrag nach eigener Disposition. Diese Position hielt er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1985. Im Bereich der Programmiersprachen war Zemanek für die formale Definition der Programmiersprache bei IBM mitverantwortlich, geschrieben in der sogenannten Vienna Definition Language alias VDL.

Außerordentlicher Professor an der TU Wien

Ab Oktober 1964 war Zemanek außerordentlicher Professor an der TU Wien, ab September 1984 ordentlicher Universitätsprofessor. Nach seiner Emeritierung im Jahr 1985 war er bis zum Wintersemester 2006 Vortragender am Institut für Computertechnik der Technischen Universität Wien, an der ein Hörsaal nach ihm benannt ist, tätig und hielt jedes Jahr im Wintersemester zwei von vier Vorlesungen über "Abstrakte Computer-Architektur", "Menschliche Aspekte des Computers", "Die Geschichte der Informatik" und "Geographische Geschichte des Computers". Als langjähriges Mitglied der International Federation for Information Processing lenkte er von 1971 bis 1974 in der Funktion des Präsidenten deren Geschicke. Das originale "Mailüfterl" ist im Technischen Museum in Wien ausgestellt.

Denkmal

Eigentlich müsste in jeder Stadt in Österreich, in jedem Ort ein Denkmal von ihm stehen, an ihn erinnern. Zumindest müsste an der Fassade jeder Schule, jedes statistischen Zentralamtes oder Rechenzentrums eine Tafel seiner gedenken. Legionen von Programmierern, Computerspezialisten, IT-Freaks, Anwendern, Usern weltweit müssten ihm eigentlich täglich dankbar sein.

Am Mittwoch, den 16. Juli 2014 verstarb der Pionier im Alter von 94 Jahren in Wien. (Gregor Auenhammer, DER STANDARD, 17.7.2014)