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Foto: REUTERS/Ahmed Saad

Bis vor kurzem - bis er Mitte Juli seinen Herausforderer Ahmed Chalabi bei der Wahl zum Stellvertretenden Parlamentspräsidenten schlug - war der Name Haidar al-Abadi außerhalb des Irak so gut wie unbekannt. Er befand sich auch nicht auf der Liste der Personen, die als wahrscheinlichste Nachfolger für den ungeliebten Premier Nuri al-Maliki genannt wurden. Dass der neue irakische Staatspräsident Fuad Massum ihn am Montag mit der Regierungsbildung beauftragte, war auch in Bagdad eine Überraschung.

Für die einen ist er nun die letzte Hoffnung für die Einheit des Irak, für andere jedoch ein Verräter: Haidar - das heißt Löwe und ist ein Beiname Alis, des ersten schiitischen Imams - al-Abadi ist eigentlich Mitglied der Dawa-Partei und damit auch des "Rechtsstaat"-Blocks, der politischen Gruppierung Malikis, der durch Abadis Nominierung verdrängt wurde. Sie standen einander nahe: 2006 hatte Abadi Maliki dabei geholfen, Ibrahim al-Jafari, den interimistischen Premierminister des Irak im Jahr 2005, von der Spitze der Dawa zu verdrängen.

Die Dawa ist die älteste schiitische religiöse Partei des Irak, und der 1952 geborene Haidar al-Abadi schloss sich ihr bereits als Jugendlicher an. Sein Vater war ein bekann- ter Mediziner, Krankenhausdirektor und Generalinspektor des Gesundheitsministeriums. Nach der Machtergreifung der Baathisten und mit dem Aufstieg Saddam Husseins kam die Familie bald mit der neuen Ordnung in Konflikt.

Abadi studierte Elektrotechnik zuerst in Bagdad und ab den späten 1970ern in Großbritannien - wo er bis 2003 bleiben sollte. Auch seinem Vater gelang die Ausreise, aber zwei seiner Söhne wurden hingerichtet, ein dritter saß lange im Gefängnis.

Nach seiner Promotion arbeitete Abadi in London und gründete auch seine eigene Technologiefirma. Aber nebenher betrieb der Dawa-Aktivist auch ein Kaffeehaus, in dem irakische Exilanten ein und aus gingen.

Nach dem Sturz Saddam Husseins kehrte Haidar al-Abadi - nachdem dieser ebenso lange im Exil wie vorher im Irak gelebt hatte - in den Irak zurück, um in der Dawa-Partei mitzuarbeiten. Als Maliki 2006 Premier wurde, stieg er zu dessen Berater auf, eine Zeitlang war er auch Kommunikationsminister. Der Posten des Vizesprechers des irakischen Parlaments war nur ein Übergang zu höheren Weihen: Jetzt soll er eine Regierung der nationalen Einheit bilden. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 13.8.2014)