Basel - Bislang wurden nachlassende Fitness, häufigere Stürze und andere Motorikprobleme schlicht als Zeichen von Gebrechlichkeit gewertet. Doch neue Forschungen zeigen noch andere Zusammenhänge auf: Veränderungen im Gangbild können erste Zeichen für eine Demenz sein. Bei Ganganalysen mithilfe eines Teppichs, der über Sensoren kleinste Abweichungen zwischen den Schritten festhält, fanden Baseler Forscher heraus: Je stärker die Abweichungen, desto höher das Sturzrisiko des Patienten in den kommenden Monaten.

Messbare motorische Veränderungen

Stieg die Gangvariabilität, wenn die Patienten bei der Untersuchung gleichzeitig kognitive Aufgaben lösen mussten, war zusätzlich die Wahrscheinlichkeit, dass die Person an Demenz erkrankte, höher. "Das Gehirn vollbringt nicht nur intellektuelle Leistungen, sondern steuert auch motorische Prozesse", sagt Reto Werner Kressig, Chefarzt für Geriatrie an der Medizinischen Fakultät der Universität Basel. "Ich bin daher der Meinung, dass zur Demenzfrüherkennung nicht nur die Hirnleistung gemessen, sondern auch motorische Veränderungen untersucht werden sollten."

Der Blick auf den Gang des Patienten liefere vielleicht sogar früher Hinweise als die üblichen Verfahren, so Kressig. Dadurch ließe sich eine Demenz freilich nicht verhindern, aber ihr Verlauf verlangsamen. Um den Verlauf einer Demenz positiv zu beeinflussen setzt der Altersmediziner besonders auf den Effekt von Bewegung. Insbesondere T’ai Chi, Tanzen und Rhythmische Gymnastik fördern motorisch-kognitive Fähigkeiten.

Spontanität und Körperbeherrschung

"Es geht dabei um spontane Reaktionen und gute Körperbeherrschung", so Kressig. Sogar liegende Patienten würden an Kursen, die in Basel mittlerweile in allen Seniorenheimen angeboten werden, begeistert teilnehmen. "Es ist erstaunlich, wie selbst schwerstkranke Patienten es genießen, sich zur Musik zu bewegen."

Untersuchungen würden zeigen, dass das Sturzrisiko um 50 Prozent sank, wenn die Patienten sechs Monate lang einmal pro Woche an solchen Kursen teilnahmen. "Wir müssen bei der Therapie umdenken", so Kressig. "Es geht nicht um eine magische Pille, sondern darum, mit spezieller Bewegungskontrolle den Menschen zu helfen." (red, derStandard.at, 19.8.2014)