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Große Überwindung, geringe Wirkung: das Eisbad.

Foto: EPA/SERGEI ILNITSKY

Sportler tun es schon lange: Um den Muskelkater erst gar nicht entstehen zu lassen, nehmen sie nach dem Training ein Eisbad. Vielleicht haben sich findige Marketingexperten davon inspirieren lassen, denn im Internet werden mittlerweile auch Eisbäder zum Abnehmen empfohlen. Die Idee dahinter: Der Körper verbraucht Energie, um die Körpertemperatur zu halten, dadurch schmelzen die Kilos.

Ersteres, also das Eisbad zu Regenerationszwecken, ist seit einigen Jahren auch im österreichischen Fußball etabliert: Acht bis zwölf Grad hat das Wasser, in dem die Spieler des ÖFB nach langen Trainingseinheiten ausharren. Durch die Kälte ziehen sich die außenliegenden Blutgefäße zusammen. Schwellungen und kleine Entzündungen werden so verhindert. Zurück in der Wärme wird der Muskel dann besser durchblutet und Abfallprodukte, beispielsweise Laktat, schneller abtransportiert.

Doch es gibt Skeptiker: "Eine Wirkung dieser Eisbäder ist nicht eindeutig belegt. Für jede positive gibt es mehrere negative Studien", betont Josef Niebauer, Vorstand des Salzburger Universitätsinstituts für präventive und rehabilitative Sportmedizin.

Auch Robert Fritz, Arzt für Allgemein-, Sport- und Ernährungsmedizin und Leiter des Medical Center beim Vienna City Marathon, ist nicht überzeugt: "Wenn mich jemand fragt, ob er es machen muss, dann sage ich dezidiert nein."

Gut für das Ego

Trotzdem schwören viele Hochleistungssportler - und ihre Trainer - darauf: Der jamaikanische Sprinter Usain Bolt etwa hat schon Videos veröffentlicht, in denen er nach Wettkämpfen ins Eisbad taucht. Psychisch könne so ein Bad durchaus einen Boost für das Ego darstellen, rein körperlich betrachtet unterstützt es den Regenerationsprozess aber nicht, so Niebauer. "Eine gewisse Wirkung" sieht Sportmediziner Fritz: "Aber ob die so großartig ist, das bezweifle ich."

Einzig im Hochleistungs-Kraftsport gibt es laut Niebauer einzelne Untersuchungen, die beweisen, dass jemand, der für zehn Minuten in zehn Grad kaltes Wasser geht, am nächsten Tag mehr Leistung bringen kann.

Das gilt aber lediglich für Leistungssportler, betont der Sportmediziner. Für kälteresistente Amateure bringt so ein Bad abgesehen von einer großen Portion Überwindung wenig: "Ein Hobbysportler hat so viele Möglichkeiten, an seiner Leistung zu feilen, dass ich meinen Aufwand auf das Training legen würde und nicht auf Firlefanz."

Typisch für den Leistungssport

Fritz warnt Hobbysportler sogar vor den kalten Bädern. Denn auf den Körper wirken viele unterschiedliche Belastungen, etwa Stress, ein. Durch die kalten Bäder nach anstrengenden Trainingseinheiten wird man infektanfälliger, da das Immunsystem geschwächt wird. Auch Menschen mit hohem Blutdruck, bestehenden Herzerkrankungen oder Übergewicht rät er davon ab.

Erfrierungen oder Hypothermie sind laut Niebauer aber unwahrscheinlich: "Wenn das jemand nach dem Training macht, dann sind Haut und Organe so überhitzt, dass es lange dauert, bis der Körper derartig auskühlt."

Bei Hobbysportlern ist das Baden im Eiswasser aber ohnehin kein so großes Thema. Es ist aber "typisch für den Leistungssport", meint Niebauer: "Jeder sucht nach dem Wundermittelchen, damit man noch ein Hundertstel schneller ist."

Abnehmen mit Eiswasser

Ein "Wundermittelchen" suchen auch übergewichtige Menschen, die mit einem Bad im Eiswasser abnehmen wollen. Die Idee dahinter finden die Mediziner gar nicht so abwegig: "Man kühlt den Körper so ab, dass die Muskulatur und der ganze Körper versuchen, vermehrt Wärme zu erzeugen", erklärt Fritz. Das äußert sich im Zittern der Muskeln - so wird Energie verbraucht. Auch wer sich im Winter nicht warm genug anziehe, würde durch ständiges Zittern abnehmen, meint Niebauer - er spricht aber lediglich von "dem einen oder anderen Gramm Fett". Die Kilos, die man laut diversen Internetforen durch Frieren verliert, hält er für unrealistisch.

"Kurzfristig muss man ehrlich bestätigen, dass das wahrscheinlich funktionieren wird", räumt Fritz ein. "Aber langfristig definitiv nicht." Denn eine Gewichtsreduktion müsse immer mit einer Lebensumstellung einhergehen - also richtiger Ernährung und Bewegung, die Spaß macht, betont er. Sonst wirkt das Eisbad wie eine Crashdiät: Sobald man aufhört, sind die Kilos wieder da. (Franziska Zoidl, derStandard.at, 12.9.2014)