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Sagen die Schotten Ja, sagt er Nein: Mark Carney, Chef der Bank of England.

Foto: EPA/ANDY RAIN

Entscheidet sich Schottland für die Unabhängigkeit, geht ein Ruck durch die Wirtschaft und den Finanzmarkt des Landes. Das erwarten mehrere Experten, und erste Anzeichen dafür gibt es bereits. So haben die zwei größten Arbeitgeber des Landes - die Royal Bank of Scotland und die Lloyds-Gruppe - schon angekündigt, dass sie im Fall der Unabhängigkeit den Unternehmenssitz nach Großbritannien verlagern wollen. Auch andere Institute wie etwa der Versicherer Standard Life Investments oder Aberdeen Asset Management wollen abwandern. Die Aktien und Anleihen dieser Institute könnten damit auch unter Druck geraten, sagt Roman Swaton, Fondsmanager der Erste Asset Management.

Warum die Institute den Schritt dennoch wagen? Weil ein unabhängiges Schottland eine eigene Notenbank gründen müsste, und das braucht Zeit. In der Zwischenzeit könnten die Institute in der Luft hängen, weil die britische Notenbank (Bank of England) als Kreditgeberin der letzten Instanz nicht mehr zur Verfügung steht. Schlittert eine Bank in Probleme, gäbe es keine Institution, die eingreift und hilft. Auch ein eigenes System zur Einlagensicherung müsste erst hochgezogen werden.

Schon Geld außer Landes

Das ist der Grund, warum Sparer ihr Geld von den Banken abziehen könnten, was "eine gefährliche Destabilisierung des schottischen Bankensystems nach sich ziehen kann", schreibt die UBS in einer Analyse. Denn Schottlands Banken verwalten Assets in der zwölffachen Höhe des schottischen Bruttoinlandsprodukts.

Weil es für all diese Punkte keine konkreten Pläne gibt, haben institutionelle Investoren bereits Geld aus dem Land geschafft. Von mehreren Milliarden Pfund, die aus Schottland schon abgeflossen sind, berichtete zuletzt die Financial Times unter Berufung auf Führungskräfte der Finanzindustrie.

Die Unternehmen wollen mit der Abwanderung Richtung Großbritannien Rechtssicherheit herstellen. Das zieht sich auch durch andere Branchen. So gibt es auch Berichte darüber, dass in der Immobilienbranche Verträge seit einiger Zeit nur mit Ausstiegsklauseln abgeschlossen werden. Im Fall einer Unabhängigkeit würden diese nichtig. Grund dafür ist, dass neben der Aufteilung der Ölvorkommen und der Staatsschulden von 1,3 Billionen Pfund (1,6 Bio. Euro) zwischen Schottland und Großbritannien auch der wichtige Punkt Währung offen ist.

Ausweg Euro womöglich versperrt

Der schottische Regierungschef Alex Salmond will vorerst das britische Pfund beibehalten und eine Währungsunion mit Großbritannien eingehen. Der Vorteil wäre, dass es kein Wechselkursrisiko gäbe, gegen das sich Unternehmen absichern müssten. Schottland könnte Staatsanleihen weiter in der etablierten Währung Pfund begeben, statt in einer neuen Miniwährung, in die das Vertrauen erst aufgebaut werden müsste.

Von den Briten kam bereits ein klares "no". Unabhängigkeit und Währungsunion seien unvereinbar, hat Mark Carney, Gouverneur der Bank of England, den Schotten ausgerichtet. Bliebe die Flucht in den Euro. Dafür gilt die notwendige Zustimmung Spaniens als unsicher, weil das den Unabhängigkeitswunsch der Katalanen und Basken beflügeln könnte.

Wie verwundbar das Pfund ist, hat sich gezeigt, als in den Umfragen zur Unabhängigkeit erstmals die Ja-Stimmen überwogen haben. Das schickte die britsche Währung in der Vorwoche auf ein Zehn-Monats-Tief. Auch wenn die Schotten letztlich bei Großbritannien bleiben, erwartet Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff große Unsicherheit: Kaum jemand werde noch in Schottland investieren wollen, weil die Gefahr für einen nächsten Anlauf zur Unabhängigkeit zu groß ist. (Bettina Pfluger, DER STANDARD, 18.9.2014)