Moderatorin Karin Bauer mit Dieter Brandes (Institut für Einfachheit, Hamburg), Christine Wallner (Sozialunternehmerin in Tansania) und Michael Faschingbauer (Berater im Netzwerk Effecutation Intelligence) beim diesjährigen Kongress für Nonprofitunternehmen im Wiener Schloss Schönbrunn.

Foto: Ludwig Schedl

"Ich versuche, mich nicht allzu sehr in meinen Zielen zu verlieben, damit ich flexibel bleibe und damit ich, wenn etwas nicht geht, zu einer Umorientierung fähig bin", sagt Michael Faschingbauer, Partner beim Beratungsunternehmen Effectuation Intelligence. Wie es beruflich und organisational einfacher werden kann, hat er zuvor in einem sachlichen Vortrag erörtert, nämlich: kochen mit dem, was im Kühlschrank ist. Nicht immer Kopf und Kragen riskieren. Sich den Zufall zum Verbündeten machen.

Das konnte er auch persönlich erleben, als ihm mit Ausbruch der Finanzkrise alle Aufträge wegbrachen und er versuchte, ein Buchprojekt zu verfolgen. Daraus haben sich dann die neuen Arbeits- und Erwerbsinhalte ergeben.

Abhängigkeiten reduzieren

Dass für ihn Einfachheit persönlich auch Reduktion von Abhängigkeiten bedeutet, macht er offen klar: Er ist seinen Kredit losgeworden und hat das Auto nunmehr lediglich auf Share-Basis.

Wie Einfachheit, Bescheidenheit und Verzicht zusammenhängen, fragt Moderatorin Karin Bauer Dieter Brandes, Inhaber des Hamburger Instituts für Einfachheit und zuvor lange in der Geschäftsführung und im Verwaltungsrat der Aldi Nord. "Es geht darum, sich Klarheit zu verschaffen: Was will ich als Unternehmen. Was will ich privat?", so Brandes. Und ja, natürlich habe Einfachheit mit dem Mut zum Verzicht zu tun.

Er persönliche verzichte auf (negativen) Stress. Wie? Indem er permanentes Optimierungsgehabe vermeidet, etwa immer auf die schnellste Spur wechseln beim Autofahren. "Ich verzichte auf alle möglichen Optimierungen, ich optimiere nicht, sondern minimiere – die unnötige Energie." Er habe schlicht keine Lust, sich überall permanent zu fragen, wie etwas schneller, trickreicher gehen könnte. Wozu? "Ich bleibe bei einer roten Ampel auch stehen, wenn nichts kommt. Einfache Regeln helfen auch."

Zwei Abhängigkeiten will er zwecks Einfachheit vermeiden: geistige und materielle. Geistige, um Entscheidungen treffen zu können, und materielle, um nicht in Optimierungsmodus zu verfallen. Frage ins Publikum im Konferenzzentrum im Wiener Schloss Schönbrunn im Rahmen des 21. Nonprofit-Kongress der Contrast Management Consulting Anfang Oktober: "Wozu immer noch ein größeres Auto und noch ein größeres Haus?"

Mama Alama

Damit war die Rampe für Christine Wallner gebaut. Sie ging mit Mitte 60 nach Tansania und hat dort mittlerweile Kranken- und Bildungsbetreuung für mehr als 750 Kinder aufgebaut. Ihr Buch Mama Alama. Die weiße Heilerin – ich habe mein Leben in Afrika gefunden im Orell-Füssli-Verlag ist gerade eben in Promotion.

Wenn sie hier in Österreich ist, sagt sie, fehle ihr die Einfachheit des Direkten. In der Mimik, in der Herzlichkeit. Ansonsten sei sie anpassungsfähig – manchmal sei eben das Zelt praktisch, dann wieder nicht. "Ich lebe kein Leiden vor, das hilft überhaupt nicht. In meiner Arbeit geht es darum, Menschen zu stärken." Materielle Werte hätten sie nie vereinnahmt, das Thema Verzicht mag sie so also nicht beantworten.

Schritt für Schritt habe sie zu ihrer Bestimmung gefunden. Sobald das spürbar werde, erfolgten die nächsten Schritte wie von selbst, man wandle auf Vertrauen.

"Du musst nicht überall zu Hause sein", so Brandes aus seiner Perspektive. Es gehe doch um Vermeidung, Reduktion und Beherrschung von Komplexität – und hier Innenschau zu betreiben hilft wohl. Organisational wie dann eben auch privat.

Wenn weniger mehr wird

Zum Thema Reduktion gebe es eine Menge Erfolgsbeispiele: "Unilever etwa hatte das Markensortiment von 1600 auf 400 reduziert. Ergebnis war Umsatz- und Gewinnsteigerung." Organisation sei das entscheidende Mittel, um mit Komplexität gut umzugehen.

Brandes' Überzeugung: "Angst und Perfektionismus sind die größten Treiber der Komplexität." Dass man Kompliziertheit und Komplexität auch gern haben dürfte inmitten eines Trends zu neuen Einfachheiten, bringt Michael Faschingbauer an dieser Stelle ins Spiel: "Das fordert einen ja auch heraus und ermöglicht Wachstum."

Einfachheit, verstanden als dankbare Zufriedenheit mit sich (und dann eben mit der Welt), verstanden als Balance, die alle ungesunden Treiber (wie permanenten Konsum oder besser sein zu müssen als irgendjemand) zurückdrängt – da hat Christine Wallner eine klare und einfache Regel: "Ich schaue, was mir Freude macht. Dort, wo ich keine Freude empfinden kann, gehe ich weg. Ich weiß, das muss man sich schon leisten können." Trotzdem, ergänzt sie: Hinzuspüren, wo Freude in einem entsteht, seien lohnende Schritte: "Jemand, der Freude ausstrahlt, ist ein großer Schatz."

Ursprünglich, so Wallner, habe eine Krankheit in jungen Jahren automatisch eine Einfachheit in ihrem Leben hergestellt. Da habe ich viel gelernt, auch, mich zu besinnen: "Was kann ich wirklich gut?" (red, ManagemenStandard, November 2014)