Am Freitag wurde in Wien der Österreichische Bauherrenpreis 2014 vergeben. Auffallend: Die Bauherren haben nicht nur bauliche Visionen, sondern nehmen auch zunehmend ihre soziale und kulturelle Verantwortung wahr.

Mittagspause. Die Mitarbeiter hängen mal wieder im Gebälk, balancieren auf den hölzernen Stangen oder trotzen auf irgendeine andere Art und Weise der Schwerkraft und Haftungspanik ihres Chefs. "Wenn man so ein Haus in Auftrag gibt, dann muss man wohl auch damit rechnen, dass die Leute die Eigenschaften dieses Gebäudes ausnutzen", sagt Johannes Stimakovits. Der 57-Jährige ist Gründer und Geschäftsführer des burgenländischen Fassadenbau-Unternehmens FOB face of buildings – und seit gestern Abend einer von insgesamt sieben Preisträgern des Österreichischen Bauherrenpreises 2014.

Im Bild: Hauptquartier von FOB face of buildings, Oberpullendorf

Foto: Paul Ott

"Ich wusste, wieviel Quadratmeter Nutzfläche ich für mich und meine 23 Mitarbeiter brauche, und das war meine einzige Entwurfsvorgabe", erklärt Stimakovits. "Die restlichen Entscheidungen habe ich den Architekten heri & salli überlassen. Wir waren auf einer Wellenlänge, und ich habe ihnen voll und ganz vertraut." Zwischendurch, gewiss, habe man sich gehasst und auch schon voneinander getrennt gehabt, aber am Ende, versichert der Bauherr, habe das 700 Quadratmeter große Bürohaus für sich gesprochen.

Neben Arbeitsflächen auf insgesamt drei Ebenen umfasst das 2013 fertiggestellte Headquarter von FOB diverse Pausen- und Ruheräume, zwei Schlafzimmer für oftmals weit angereiste Kunden, "denn das Übernachtungsangebot in Oberpullendorf wird meinen Ansprüchen nicht wirklich gerecht", ein Löschwasserbecken, das kurzerhand zum 20 Meter langen Outdoor-Swimming-Pool ausgebaut wurde, "denn einige meiner Leute sind begeisterte Triathleten", und schon bald soll im Innenraum eine zehn Meter hohe Kletterwand installiert werden, weil – man ahnt es schon – einige Mitarbeiter der Kletterei nicht abgeneigt seien.

Im Bild: Generalat Halleiner Schwestern Franziskanerinnen, Oberalm

Foto: Michael Mauracher

"Wir sind Fassadenplaner und zeichnen Werkspläne, nach denen dann millionenschwere Projekte errichtet werden", sagt Stimakovits, der auch schon an Bauten wie dem T-Center und dem DC Tower in der Wiener Donau-City mitwirkte. "Da kann man es sich nicht leisten, Fehler zu machen. Und nachdem man sich nicht ununterbrochen 40 Stunden lang pro Woche auf höchstem Niveau konzentrieren kann, muss man ab und zu auch abschalten können." Mit rund 1,9 Millionen Euro Baukosten schlug diese nicht ganz alltägliche Firmenvision zu Buche.

Im Bild: Wohnpark PAN Interkulturelles Wohnen, Wien

Foto: Stefan Müller

"Die Qualität der sieben Siegerprojekte, aber auch der 20 Nominierungen, ist heuer enorm", erklärt Marta Schreieck, Präsidentin der Zentralvereinigung der ArchitektInnen Österreichs (ZV), die den Bauherrenpreis seit 1967 jährlich vergibt. "Und es zeigt sich, dass die Projekte nicht nur architektonisch und gestalterisch tipp-top sind, sondern auch, dass die Auftraggeberinnen und Auftraggeber immer häufiger eine gewisse soziale und kulturelle Verantwortung wahrnehmen. Das ist nicht selbstverständlich. Die Vision, die hinter so einem Projekt wie dem FOB-Bürohaus steckt, ist einfach berührend", so Schreieck. Der Bauherrenpreis soll genau dieses Engagement würdigen.

Unter den sechs weiteren Preisträgern befinden sich drei Kulturbauten sowie drei Wohnobjekte. Ausgezeichnet wurden die Diözese Gurk in Kärnten für ihre Schatzkammer (winkler+ruck architekten), die Gemeinde Ischgl für ihr Kulturzentrum (parc architekten, der Standard berichtete), der Werkraum Bregenzerwald für seine Ausstellungs- und Versammlungshalle (Peter Zumthor), die HSF Immobilien GmbH für das von ihr errichtete Generalat der Halleiner Schwestern Franziskanerinnen in Oberalm, der gemeinnützige Bauträger Neues Leben für den Wohnpark PAN Interkulturelles Wohnen in Wien (Werner Neuwirth, Sergison Bates und Ballmos Krucker Architekten) sowie der Verein Vinzenzgemeinschaft St. Stephan für das Obdachlosenzentrum Vinzirast mittendrin in Wien (gaupenraub +/-).

Im Bild: Kulturzentrum Ischgl

Foto: Karl Heinz

"Ursprünglich wollte ich in Wien ein Vinzidorf errichten, jetzt ist daraus die etwas kleinere Vinzirast geworden", erzählt Cecily Corti. "Doch nachdem sich die Architekten mit vollem Einsatz ins Projekt eingebracht haben und mit mir eine Art Mission verwirklicht haben, bin ich mit dem Resultat mehr als zufrieden." Gewürdigt wurde vor allem das Engagement für die Obdachlosen sowie Cortis unermüdlicher Einsatz für die Inklusion der an den Rand gedrängten Menschen. Nicht ohne Gegengeschäft: Die Obdachlosen mussten sich in den Bauprozess einbringen und vor allem im Endausbau kräftig mitanpacken.

Im Bild: Vinzirast mittendrin, Wien

Foto: Sebastian Schubert

Die Mission in Andelsbuch im Bregenzerwald war der Jury des Bauherrenpreises 2014 ebenfalls ein zu würdigendes Anliegen. "Mit der Ausstellungs- und Versammlungshalle wollten wir das Handwerk dieser Region sichtbar machen und rund 85 Betriebe als Kooperative unter einem Dach vereinen", erklärt Renate Breuß, Geschäftsführerin des Werkraum Bregenzerwald. "Wir arbeiten hier nicht nur mit Nostalgie und Luxusschiene, sondern mit ganz alltäglichen, leistbaren Produkten, die den Menschen ein Beispiel für hochwertigen, kulturell relevanten Konsum geben."

Dieser Anspruch an die kulturelle Relevanz schlägt sich auch in der Architektur nieder. "Ich kann ganz ehrlich sagen, dass es von Jahr zu Jahr schwieriger wird, eine Auswahl zu treffen", sagt ZV-Präsidentin Marta Schreieck. "Es trägt nun das Früchte, wofür sich der Bauherrenpreis seit 47 Jahren stark macht, denn das Auftraggeber-Niveau in Österreich ist im internationalen Kontext extrem hoch."

Im Bild: Ausstellungs- und Versammlungshalle Werkraum Bregenzerwald, Andelsbuch

Foto: Florian Holzherr

Auch in Oberpullendorf: Jeder Mitarbeiter bei FOB face of buildings darf sich einmal im Monat beim Holzhacken abreagieren. Ab Frühjahr wird das Grundstück bewirtschaftet und mit Hühnern und Schafen besiedelt. Die Prämie wird dann in Form von Bio-Eiern und Firmenparadeisern ausbezahlt. Auch so kann Büro sein. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 15.11.2014)

Ab kommender Woche werden alle Preisträger und Nominierungen in der Ausstellung im Rahmen von "Architektur im Ringturm" zu sehen sein (Schottenring 30, 1010 Wien). Eröffnung ist am Montag, 17. November um 18:30 Uhr.

Im Bild: Schatzkammer, Dom zu Gurk

Foto: winkler+ruck