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Die Bewohner Österreichs werden mehr – und älter.

Foto: APA/HERBERT P. OCZERET

Wien - Die Zuwanderung nach Österreich ist im Jahr 2013 stärker ausgefallen als von den Demografen erwartet – bei anhaltender Entwicklung soll deshalb die Bevölkerungszahl auch in den kommenden Jahrzehnten stärker wachsen als bisher angenommen. Für das Jahr 2030 geht die Statistik Austria davon aus, dass die Einwohnerzahl erstmals die Schwelle von neun Millionen übersteigen wird. 2060 soll die Bevölkerungszahl auf 9,61 Millionen anwachsen. Zuletzt war das Institut bis dahin von einem Anstieg auf 9,37 Millionen ausgegangen.

Die größte demografische Umwälzung ist durch ein steigendes Durchschnittsalter zu erwarten. Standen im Vorjahr 5,24 Millionen Menschen im erwerbsfähigen Alter 1,54 Millionen Menschen über 65 Jahren gegenüber, so wird es nach den Prognosen im Jahr 2060 nur mehr 5,07 Millionen 20- bis 64-Jährige geben, die Zahl der Menschen über dem heutigen Pensionsantrittsalter aber auf 2,76 Millionen wachsen. Schon 2020 werden die über 65-Jährigen mengenmäßig die Gruppe der unter 20-Jährigen überholen.

Die Alterungstendenz wird an der Zahl der Pensionisten schon bald offenkundig werden, denn in den nächsten Jahren treten die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer-Generation der 1950er- und 1960er-Jahre ins Rentenalter über.

Das Durchschnittsalter steigt nicht nur wegen dieser Verschiebung, sondern auch wegen der höheren Lebenserwartung. Die Statistiker gehen davon aus, dass jene der Männer von heute 78,5 Jahren auf 87,3 Jahre steigen wird, jene der Frauen von 83,6 Jahren auf 90,6 Jahre.

Fruchtbarkeitsrate steigt, Fertilitätsrate auch

Die Gesamtfertilitätsrate, das ist die Anzahl an Kindern, die eine Frau in Österreich durchschnittlich in ihrem Leben zur Welt bringt, soll laut den Statistikern von derzeit 1,43 leicht auf 1,55 Kinder pro Frau ansteigen. Die Bewohnerinnen gehen es dabei in Zukunft aber langsamer an als bisher: Das durchschnittliche Fertilitätsalter steigt von 30 auf 33 Jahre.

Starker Bevölkerungsrückgang ohne Zuwanderung

Der Anstieg in der Gesamtbevölkerung ist ausschließlich auf Zuwanderung zurückzuführen. Die Geburtenbilanz – also das Saldo aus Geburten und Sterbefällen – wird bis 2030 ausgeglichen sein und dann kontinuierlich fallen. Ohne Migration würde die Population von derzeit 8,52 Millionen auf 7,14 Millionen sinken. Das wäre der niedrigste Wert seit den frühen 1960er-Jahren.

Die Statistik Austria geht bei den Zahlen der Zuwanderer nicht von der Staatsbürgerschaft aus, sondern vom Geburtsland. Die Bewertung nach Staatsangehörigkeit würde zu sehr von einer schwer abschätzbaren künftigen Einbürgerungsrate abhängen, sagte Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer bei der Präsentation der Zahlen am Donnerstag.

Der Anteil nicht in Österreich geborener Menschen variiert dabei regional stark, die Beliebtheit Wiens als Zielregion wird in der Projektion deutlich. Gegenwärtig wurden 31,4 Prozent der Wiener Wohnbevölkerung nicht in Österreich geboren, 2060 sollen es bereits 42,2 Prozent sein. Österreichweit liegt dieser Wert derzeit bei 16,2 Prozent, für 2060 lautet die Prognose auf 25,7 Prozent.

Den nach wie vor niedrigsten Anteil im Ausland geborener Menschen wird dann das Burgenland mit 15,9 Prozent haben (momentan 9,3 Prozent), den höchsten Anteil hinter Wien wird Vorarlberg mit 27,6 Prozent haben (jetzt 18,1 Prozent).

Wien wird schon 2027 Zwei-Millionen-Stadt

Länderspezifische Abweichungen gibt es auch bei der allgemeinen Bevölkerungsveränderung. In Wien wird das Wachstum bis 2030 15,8 Prozent und bis 2060 25,4 Prozent betragen. Die Zwei-Millionen-Marke wird die Bundeshauptstadt demnach bereits 2027 erreichen.

Bis 2060 werden auch Niederösterreich (17,4 Prozent), Vorarlberg (16,3 Prozent) und Tirol (16,2 Prozent) über der für Gesamtösterreich angenommenen Wachstumsprognose von 13,4 Prozent für das Jahr 2060 liegen. Weniger stark wachsen sollen Oberösterreich (10,6 Prozent), das Burgenland (10,4 Prozent), Salzburg (7,6 Prozent) und die Steiermark (4,1 Prozent). Das einzige Bundesland mit einem errechneten Bevölkerungsrückgang ist Kärnten (-6,7 Prozent). Die Statistiker gehen dabei von einer Fortsetzung der schon bisher sinkenden Tendenz aus.

Die größten politischen Herausforderungen durch die veränderten demografischen Bedingungen sieht Pesendorfer in der Alterung und also bei den Themen Pensionen und Pflege sowie bei der Integration ausländischer Mitbürger.

Die gegenüber dem Vorjahr revidierten Prognosen sind auf eine Neuformulierung der Annahmen der Migration zurückzuführen, sagte Pesendorfer. Der stärkeren Zuwanderung durch Arbeitsmigration, Familiennachzug, Ausbildung und Asyl stehe aber auch etwas mehr Abwanderung gegenüber, vor allem durch Rückkehrer.

Die Prognosen berücksichtigen generell nur die Projektionsmöglichkeiten nach jetzigem Kenntnisstand. Unvorhersehbare Einschnitte wie etwa höhere Flüchtlingszahlen durch Kriege oder steigende Todeszahlen durch Epidemien oder Pandemien können freilich nicht einberechnet werden. Die Daten mit der höchsten Validität sind laut Pesendorfer und seinem Kollegen Alexander Hanika jene zur allgemeinen Mortalität und den Geburten. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 20.11.2014)