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Die Schweizer stimmten am Sonntag ab.

Foto: APA/KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Das Schweizer Volk ist am Wochenende überraschend deutlich den Abstimmungsparolen von Regierung und Parteien gefolgt: Die Schweiz wird ihre Zuwanderung nicht noch stärker einschränken; die Nationalbank wird weiterhin unabhängig über ihre Goldpolitik entscheiden können, und die Steuerprivilegien für reiche Ausländer bleiben erhalten.

Die Demoskopen hatten vor der Abstimmung noch orakelt, dass die radikale Ecopop-Initiative möglicherweise eine kleine Chance auf Annahme hätte; doch sie täuschten sich in höchstem Ma- ße: Nur 26 Prozent stimmten dem Begehren zu, welches forderte, die Netto-Zuwanderung in die Schweiz auf 0,2 Prozent der Bevölkerung zu begrenzen - also auf 16'000 Menschen pro Jahr. Zudem wollte das von konservativen Umweltschützern getragene Begehren auch Maßnahmen gegen die globale Überbevölkerung einleiten und Familienplanungsmaßnahmen in der Dritten Welt fördern.

Keine Gold-Käufe

Ebenso überraschend deutlich wurde die Gold-Initiative abgeschmettert, welche forderte, dass die Schweizer Nationalbank künftig mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold anlegen müsste. Zudem müsste dieses Gold für immer in der Schweiz bleiben. Für die Regierung, sämtliche Parteien und auch für die maßgeblichen Ökonomen ein Anachronismus und ein Rückfall in Zeiten der goldgedeckten Währungen, ein unangebrachter Eingriff in die Unabhängigkeit der Nationalbank. Das Volksbegehren, das auch international auf großes Interesse stieß, erzielte gar nur 22 Prozent Ja-Stimmen.

Deutlich mehr Unterstützung erhielt die Forderung von links-grüner Seite, die sogenannte Pauschalbesteuerung abzuschaffen. Immerhin 40 Prozent stimmten zu. In der Schweiz leben über 5000 reiche Ausländer, die von einer privilegierten Besteuerung profitieren. Sie zahlen weit weniger als sie aufgrund ihres Vermögens zahlen müssten.

Was ursprünglich eingeführt wurde für ausländische Rentner, die in der Schweiz ihren Lebensabend verbringen wollten wie etwa seinerzeit der Filmstar Charles Chaplin, ist mittlerweile zu einem "Geschäftsmodell" für viele Gemeinden etwa am Genfer See oder für Nobelkurorte wie Gstaad, Zermatt, Montana oder St. Moritz geworden.

Dieses Steuerprivileg sei zwar ungerecht, sagte gar Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf, doch sei es gerechtfertig, denn wenn es abgeschafft würde, dann würden diese Reichen wegziehen. Immerhin, etliche Kantone wie zum Beispiel Zürich haben dieses Steuerprivileg abgeschafft, ohne dass ihnen deswegen insgesamt Steuereinnahmen entgangen wären.

Große Erleichterung

Die Erleichterung bei Wirtschaftsvertretern und Politikern aller Parteien war groß, dass das Volk diesmal, im Gegensatz zum 9. Februar, gegen eine schärfere Zuwanderungspolitik stimmte. "Ich bin sehr erleichtert, dass die Initiative abgelehnt wurde", sagte die liberale Abgeordnete Christa Markwalder im Schweizer Rundfunk. Der Pragmatismus habe obsiegt; die Schweizer Wirtschaft sei erfolgreich auch dank der Zuwanderer, und die Zuwanderer kämen eben weil sie hier Arbeit fänden.

Gerade diese Logik wollten die Ecopop-Initianten durchbrechen; über ihre Kanterniederlage zeigten sie sich enttäuscht: "Unsere Initiative stellte die Frage, wie viel Wachstum möglich ist, ohne dass es die Lebensqualität beeinträchtige", sagte Cornelia Keller vom Verein Ecopop.

Klare Ablehnung einer höheren Gold-Hinterlegung bei der Schweizer Nationalbank ist das Ergebnis der Volksabstimmung. Keine Änderung auch bei Zuwanderung und Steuerprivilegien für Ausländer. (Klaus Bonanomi aus Zürich, DER STANDARD, 1.12.2014)