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Mona Lisa zwischen Mythos und Mumpitz: Eine weitere Hypothese über die Identität der Dargestellten (hier im Bild eine Reproduktion, sie ist nicht gewachsen) wurde geboren.

Foto: AP Photo/Martin Meissner

Peking - Lisa del Giocondo hätte vermutlich eine Identitätskrise bekommen - zumindest aber sehr genau in den Spiegel geschaut -, wenn sie zu Lebzeiten noch lesen hätte können, was knapp fünf Jahrhunderte nach ihrem Tod alles an Theorien über die Mona Lisa in Umlauf sein würde. Denn eigentlich soll Leonardo da Vincis berühmtes Bild ja sie zeigen - so zumindest die traditionelle Lehrmeinung. Allerdings gibt es dazu jede Menge alternativer Theorien - unter anderem, dass es sich um ein Selbstporträt des Meisters handeln würde.

"Ihr Gesicht sieht chinesisch aus"

Und eine brandneue Hypothese, die derzeit vor allem in China für Furore sorgt, ist kaum weniger ausgefallen: Der italienische Historiker und Schriftsteller Angelo Paratico, der gerade in Hongkong ein Buch über da Vinci schreibt, mutmaßt, dass das Bild eine chinesische Sklavin zeigen könnte - und die sei die Mutter von Leonardo da Vinci.

Seine wichtigsten Indizien: "Im Hintergrund von Mona Lisa ist eine chinesische Landschaft zu sehen, und sogar ihr Gesicht sieht chinesisch aus", sagte Paratico der "South China Morning Post". Er bemühte auch Sigmund Freud, der überzeugt war, Leonardo habe sich für sein weltberühmtes Gemälde von seiner Mutter inspirieren lassen.

Sowohl um Leonardos Mutter Catarina als auch um das Modell der Mona Lisa ranken sich viele Gerüchte. "Ein wohlhabender Kunde von Leonardos Vater hatte eine Sklavin, die Catarina hieß", erzählte Paratico in dem Zeitungsinterview. "Nach 1452, dem Geburtsjahr Leonardos, verschwand sie aus den Dokumenten." Um von diesem Hinweis auf eine chinesische Herkunft Catarinas zu schließen, bedürfe es einer "deduktiven Methode", erläuterte Paratico weiter. Anders gesagt: Die Beweislage ist eher dünn.

Großes Echo

Das ändert aber nichts daran, dass Paraticos Hypothese ein begeistertes Publikum gefunden hat: Auf die Mona Lisa bezogene Einträge im Twitter-ähnlichen sozialen Netzwerk Sina Weibo, das in China sehr beliebt ist, wurden bis zum Mittwoch mehr als vier Millionen Mal angeschaut. "Jetzt verstehe ich, warum ihr Lächeln so mysteriös und zurückhaltend erscheint - es ist typisch chinesisch", meinte ein Weibo-Nutzer.

In Fotomontagen nahm "La Gioconda" Züge an, die einer chinesischen Physiognomie deutlich mehr ähnelten als das Original aus dem Louvre. Andere verpassten ihr das Antlitz Rowan Atkinsons, des als Mr. Bean berühmt gewordenen britischen Komikers. Eine Montage zeigte Mona Lisa, die sich typisch chinesisch mit Klopapier die Nase schnäuzte. "Ich bin so traurig, dass Ihr gedacht habt, ich sei eine Ausländerin", lautete der zugehörige Kommentar. (red/APA, derStandard.at, 3. 12. 2014)