Gerald Gartlehner, EbM-Experte von der Donau-Uni Krems.

Foto: georg h. jeitler / donau-universität krems

Schwere Krankheiten wie Krebs sind ernste Schicksalsschläge, sowohl für Betroffene als auch für deren Angehörige. Brustkrebs lässt sich heute zwar oft gut behandeln, er ist bei Frauen aber noch immer die häufigste krebsbedingte Todesursache. Was Brustkrebs verursacht, kann die Wissenschaft bis heute nur unzureichend erklären.

Schnell sucht man da nach Gründen und findet einfache, und auf den ersten Blick logisch klingende Erklärung. Zum Beispiel: Aluminium ist schuld! Anders als etwa Eisen oder Kupfer kommt es natürlicherweise in unserem Körper nicht vor. Dennoch sind wir täglich mit Produkten aus Aluminium konfrontiert: Getränke in Dosen, Fertiggerichte in Alu-Tassen, Alufolie für die Schuljause, Alu als Inhaltsstoff von Medikamente gegen Sodbrennen - und eben auch Schweiß hemmende Aluminiumsalze in Deodorants , die so genannten Anti-Transpirantien.

Die Datenlage für Aluminium

Immer wieder finden Studien Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen Aluminium und Brustkrebs. Eine Studie an Brustkrebspatientinnen fand gerade in der vom Krebs am häufigsten befallenen Brustregion eine besonders hohe Konzentration von Aluminium. Es war genau jener obere, außen liegende Bereich der Brust, der der Achsel am nächsten liegt – jener Körperstelle, die täglich Aluminium-haltigem Deo ausgesetzt ist.

In einer anderen Studie setzten Forscher im Labor gezüchteten Brustgewebszellen Aluminiumsalze aus Deos aus – und stellten dabei fest, dass diese die Zellen deutlich schädigen. Doch bedeutet ein solcher Zusammenhang auch, dass ein Stoff tatsächlich die Ursache für eine Krankheit ist?

Mit Zusammenhängen alleine ließe sich vielerlei wissenschaftlich "beweisen". Beispielsweise, dass an der Theorie vom Storch, der die Kinder bringt, doch etwas dran sein könnte: Es existiert ein statistisch signifikanter Zusammenhang zwischen der Anzahl der Neugeborenen in verschiedenen europäischen Ländern und der Anzahl der Störche dort. Ein Beweis dafür, dass der Storch die Babys bringt, dürfte das allerdings nicht sein.

Meist ist der Grund für den Zusammenhang einfach Zufall. Oft bleibt aber unklar, warum zwei Dinge scheinbar zusammenhängen, obwohl sie offensichtlich nichts miteinander zu tun haben. Wenn der Zusammenhang aber auch noch statistisch signifikant ist, lassen sich großartige Verschwörungstheorien entwickeln. Zum Beispiel hängt die Scheidungsrate im US-Bundesstaat Maine offenbar stark vom Margarine-Konsum der Bevölkerung ab. Die Anzahl der Doktoranden in Computerwissenschaften wiederum scheint klar von der in Spielhallen ausgegebenen Geldsumme bestimmt zu werden.

Gerüchte, die Angst machen

Bei derzeitigem Wissensstand gilt dieselbe Skepsis für den Zusammenhang von Brustkrebs und Aluminium, wie für Störche und Babys. Beruhigende Sicherheit bringt das allerdings keine. Tatsächlich wissen wir noch viel zu wenig über die Auswirkungen von Aluminium. Ähnlich verhält es sich auch mit dem Gerücht, Aluminiumablagerungen im Gehirn könnten Alzheimerauslösen. Aussagekräftige Studien dazu fehlen.

Jedoch: Aluminium ist – wie jede Substanz – in großen Mengen tatsächlich gesundheitsgefährdend, auch wenn es nicht zwingend Alzheimer oder Brustkrebs auslöst. Wir nehmen bereits über Lebensmittel Aluminium auf, es befindet sich natürlicherweise etwa in Obst und Gemüse und besonders in Tees oder Gewürzen.

Aluminium kann sich auch aus Alufolie oder Aluminiumkochgeschirr lösen, wenn darin salz- oder säurehaltige Speisen wie Tomatensoße, Apfelmus, Rhabarber oder Salzhering aufbewahrt werden. Getränkedosen und Joghurtbecherdeckel tragen üblicherweise eine Schutzbeschichtung, sodass kein Aluminium in das Lebensmittel übergeht.

Auch eine Hautfrage

Auch aus Aluminium-haltigen Deos können Spuren des Leichtmetalls über die Haut aufgenommen werden – besonders, wenn sie auf frisch rasierter Haut aufgetragen werden. Noch ist unklar, wie groß die dabei aufgenommene Menge tatsächlich ist. Nach Einschätzung des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung führt die Verwendung von Alu-haltigen Deos aber möglicherweise dazu, dass die als unbedenklich geltende Menge an Aluminium leicht überschritten wird.

Wer nicht warten möchte, was neue Forschungsergebnisse bringen, kann zur Vorsicht auf Aluminium-freie Deos zurückgreifen und Alufolie nicht für salz- oder säurehaltige Lebensmittel verwenden. (Gerald Gartlehner, derStandard.at, 12.12.2014)