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Emilie Flöges Credo für Mode: Locker und bequem.

Foto: Picturedesk/ÖNB

Sie konnte schwimmen. Und das als Einzige der Frauen, die in der Künstlerdependance am Attersee so viele Sommer verbrachten. Emilie Flöge, 1874 in Wien als Tochter eines wohlhabenden Drechslermeisters geboren, war unkonventionell und in vieler Hinsicht ihrer Zeit voraus. Sie lernte nähen - mehr Ausbildung war für sie nicht vorgesehen - und machte daraus etwas Bahnbrechendes: 1904 eröffnete sie mit ihren beiden Schwestern Helene und Pauline den Salon "Schwestern Flöge" und setzte in ihm ihre Ideen um. Die Idee einer vom Korsett befreiten Frau. Die Idee einer selbstbestimmten Frau. Die Idee der Wiener Werkstätte, auf die Textilkunst umgelegt.

Ihre Entwürfe waren weit und schwingend, engten den Körper nicht ein - und entsprachen ganz und gar nicht dem gängigen Schönheitsideal der eingeschnürten Mitte und des hervorquellenden Dekolletés. In einer Zeit, als in Österreich erst seit wenigen Jahren Frauen zum Studium zugelassen waren, wurden die Kleider der sogenannten Reformbewegung auch in den gebildeten Kreisen des Wiener Bürgertums mit überwiegender Skepsis betrachtet. Anziehen lassen wollte frau sich schon von der Flöge, aber bloß nicht zu auffällig. "Vorsichtig-mutig" nennt das treffend die Autorin Margret Greiner, die kürzlich ein Buch über Emilie Flöge vorgelegt hat.

Paris, London - ohne einen "Monsieur Flöge"

Die Modeschöpferin werde oft nur über ihren Lebensgefährten Gustav Klimt definiert, wird im Klappentext kritisiert. Leider macht auch diese neue Romanbiografie über weite Strecken genau das. Die Leben von Emilie Flöge und Gustav Klimt gesondert zu betrachten scheint also einmal mehr unmöglich oder auch gar nicht zielführend. Zu sehr hatten sie einander inspiriert. Das Kleid, das Emilie Flöge auf dem berühmten gleichnamigen Porträt von 1902 von Klimt trägt, ist mit ziemlicher Sicherheit das einzige, das er - und nicht sie - entworfen hat. Sie stand ihm zwar Modell, das blaue Kleid mit den goldenen Ornamenten ist aber rein seiner Fantasie entsprungen.

Anders die Entwürfe für die Kleider, die die Flöge auf Fotografien von 1906 trägt. Man muss sich einmal vorstellen: Sie hatte Klimt gebeten, ihre neue Kollektion am Attersee, im Garten, zu fotografieren, eine für die Zeit ungeheuerliche Idee. Verheiratet waren die beiden nie. Emilie leitete ihren Salon, fuhr nach London und Paris zu den Modeschauen und wurde nicht müde, zu versichern, dass es keinen "Monsieur Flöge" gebe. Immer wieder hielt man sie für die bloße Einkäuferin der erlesenen Stoffe. Dass es so etwas wie eine "Couturière" geben könnte, schien zu dieser Zeit undenkbar.

Hatte das Geschäft der Schwestern den Ersten Weltkrieg noch halbwegs unbeschadet überstanden, ging es mit der Machtübernahme der Nazis zu Ende. Der Grund: wirtschaftlich schlechte Zeiten und die Vertreibung oder Ermordung der überwiegend jüdischen Kundinnen.

Flöge überlebte Klimt um mehr als 30 Jahre. Ein Teil seines Nachlasses verbrannte in den letzten Kriegstagen in Emilie Flöges Wohnung in Wien. Rund 350 Objekte aus ihrem eigenen Nachlass finden sich in der Sammlung des österreichischen Museums für Volkskunde. (Tanja Paar, DER STANDARD, 31.1./1.2.2015)