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Cristian Javier Simari Birkner belegte bei seiner zehnten WM im Super-G und in der Abfahrt jeweils den 43. Platz.

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In Beaver Creek sind Maria Belen, Angelica und Macarena (von links) an seiner Seite.

Foto: Standard/Riezinger

Heuer ist alles anders. Seit Jahren sind die Geschwister Simari Birkner aus Argentinien Stammgäste bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen. Dieses Jahr wäre die Tradition fast gebrochen. Es mangelte an Geld. Die WM-Teilnahme drohte zu platzen. Aber jetzt sind sie doch da – und das erstmals sogar zu viert. Angelica (20) gibt ihr Debüt, Macarena (30) fährt zum siebenten Mal, Maria Belen (32) zum neunten Mal und Cristian Javier (34) schon zum zehnten Mal.

"Es ist so cool, hier zu sein", sagt Angelica, die erst ein Weltcuprennen (2011 in Flachau) bestritten hat. In diesem Winter war für die skibegeisterte Familie vieles anders als in den Jahren davor. Üblicherweise fahren sie je rund 50 bis 60 Rennen. "Heuer waren es nur zwischen 15 und 20", sagt Macarena. "Wir haben jetzt weniger Unterstützung als früher." Vom Staat haben die vier je 2000 US-Dollar für den Winter bekommen, vom Skiverband habe es diese Saison gar kein Geld gegeben. "Es war immer hart in Argentinien", sagt Maria Belen, "aber jetzt ist es wirklich am Limit. So schlecht war es noch nie für uns."

700 Dollar Spenden

Und weil der Skisport, wie Macarena sagt, "superteuer" ist, und das Quartett unbedingt zur WM wollte, startete es einen Spendenaufruf auf seiner Website. 700 Dollar hat es lukriert – natürlich noch nicht genug. Aber die Familie erhielt noch Unterstützung auf anderem Weg. In den USA durften sie etwa kostenlos bei Privatleuten nächtigen. Die Familie verbrachte den ganzen Winter in Nordamerika – die Flugreisen wurden mit Bonusmeilen finanziert. Ein Europatrip war nicht drin. Angelica erfuhr erst eine Woche vor der WM, dass sie dabei sein dürfe. "Der Verband hat mich nicht im Weltcup fahren lassen, deshalb habe ich nicht erwartet, dass ich hier antreten darf."

Das Verhältnis der Familie Simari Birkner zum argentinischen Skiverband ist gestört. Warum? "Das ist die große Frage", sagt Maria Belen, "ich weiß nicht, warum sie nicht glücklich sind, dass wir fahren." Auch mit Argentiniens Olympischem Komitee gab es Unstimmigkeiten. Weil Maria Belen im Vorjahr nicht für die Spiele in Sotschi nominiert worden war, versuchte sie sich beim Internationalen Sportgerichtshof (Cas) einen Startplatz zu erkämpfen. "Ich war die Erste in der nationalen Rangliste, aber sie wollten mich nicht teilnehmen lassen." Der Cas erklärte sich allerdings nicht zuständig, Maria Belen verpasste die Spiele.

Familienunternehmen

Die Leute im argentinischen Skiverband, sagt Cristian, wüssten nicht viel über Skifahren. "Der Verband versucht jetzt wieder ein neues Team zusammenzustellen – ungefähr zum fünften Mal." Das argentinische Nationalteam gibt es noch nicht so lange, wie die Simari Birkners fahren. Deshalb wurde ein eigenes Team gegründet, ein Familienunternehmen. Der Vater Mario Simari und die Mutter Teresita Birkner sind Trainer, Physiotherapeuten und Serviceleute zugleich. Früher führte das Paar eine Skischule in Bariloche. "Das ist lange her", sagt Teresita. Das habe sich auf Dauer nicht mit dem Skirennsport vereinbaren lassen. Teresitas vier Geschwister fuhren 1988 bei Olympia in Calgary. Die Kinder wuchsen in Bariloche, nur sechs Kilometer vom Skigebiet Cerro Catedral entfernt, auf. "Das Einzige, was wir im Winter getan haben, war Skifahren. Wir sind in die Schule gegangen und dann auf die Piste", sagt Cristian.

In den 1990er-Jahren schaute er bei einem Weltcup in Madonna di Campiglio zu. Damals war Alberto Tomba der große Star. "Ich habe gedacht, wenn ich groß bin, möchte ich das auch tun." Er setzte seinen Plan um. Freilich, an Tombas Erfolge konnte er nicht herankommen. Bis er 18 war, war Cristian aber, wie er erzählt, in Slalom und Riesentorlauf der beste in der Fis-Rangliste. "Aber dann haben mich die Läufer aus den Ländern mit den guten Strukturen überholt. Dann war ich nur noch 80. oder 100." Wie Macarena war er einmal 17. bei Olympia. Maria Belen hat als bestes Ergebnis einen 15. WM-Platz zu Buche stehen.

Alternativloser Sport

Geldnöte, Streitigkeiten mit dem Verband und keine Chance auf Medaillen – also was ist die Motivation, den Sport zu betreiben? "Wir haben unser Leben um das Skifahren eingerichtet. Das ist das einzige Leben, das wir haben", sagt Maria Belen. In letzter Zeit hatte sie gelegentlich mit Verletzungen zu kämpfen. "Das sind die einzigen Momente, in denen ich ans Aufhören denke. Aber wenn ich die Physis und die Motivation habe: Warum soll ich nicht weitermachen?" Macarena sagt: "Wir werden immer noch besser." Und Angelica steht ohnehin erst am Anfang ihrer Karriere. Eine Fortsetzung der Familientradition auch in fernerer Zukunft ist nicht ausgeschlossen. Macarena hat eine Tochter, Cristian drei Söhne. Zwei fahren bereits Ski. Cristian: "Sie mögen es." (Birgit Riezinger aus Beaver Creek, DER STANDARD, 9.2.2015)