Eine gute Kamera und ein gutes Smartphone – zwei Dinge, die immer noch nicht ganz zueinander passen. Highend-Mobiltelefone wie das Samsung Galaxy S5, das iPhone 6 oder die Spitzenmodelle der Lumia-Reihe belegen zwar immensen Fortschritt im Bereich der Smartphone-Fotografie, doch sobald die Lichtverhältnisse schlechter werden sind die Geräte trotz aller Hardwar-Kniffe und Software-Tricks guten Kompaktkameras unterlegen.

Nicht von ungefähr versuchen daher manche Hersteller, einen Hybrid aus beiden Welten zu entwickeln, der idealerweise beide Bedürfnisse befriedigt. Vor zwei Jahren schickte Samsung die Galaxy Camera ins Rennen, die – abgesehen von Telefonie – die Vorzüge eines modernen mobilen Betriebssystems in Form von Android mit einer echten Kamera verheiraten sollte. Ein Experiment, das weitestgehend scheiterte.

Nun versucht sich Panasonic mit der Lumix CM1 Smart Camera an der selben Herausforderung. Der WebStandard hat sie einem Kurztest unterzogen.

Foto: derStandard.at/Pichler

Der Fortschritt der Technologie ist am Unterschied von alt und neu gut erkennbar. War die Galaxy Camera noch einigermaßen klobig, ist die CM1 (voller Modellname: DMZ-CM1) nur noch etwas mehr als doppelt so dick wie ein normales Smartphone (unter Nichtberücksichtigung des herausstehenden Leica-Objektivs). Offiziell wird die Dicke des Gehäuses mit 21,1 Millimeter angegeben.

Abmessungstechisch entspricht die Front sonst einem normalen Handy, trotz des 4,7-Zoll-Displays liegt es aber aufgrund der üppigen Ränder eher im Bereich eines Telefons mit einer Diagonale von fünf Zoll oder etwas mehr. Dass mehr als nur normale Smartphone-Komponenten verbaut sind, lässt sich bereits durch das Gewicht von 204 Gramm erahnen.

In Sachen Material setzt Panasonic beim Gehäuse auf eine Mischung aus Kunststoff im Fake-Leder-Look und Aluminium. Die Verarbeitung ist überdurchschnittlich, zu bemängeln ist vor allem der etwas groß geratene Spalt zwischen Display und Körper. Besonders an jenen Stellen, wo kleine Einbuchtungen das Öffnen der Schutzklappen ermöglichen, unter denen sich USB-Port sowie die Steckplätze für microSIM und microSD-Karte verbergen, ist er ein potenzieller Hotspot für Schmutzansammlungen.

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Das Display der CM1 löst mit 1.920 x 1.080 Pixel (469 PPI) auf. Die Helligkeit ist überdurchschnittlich, Farben sind allerdings etwas blass und auch bei den Kontrasten vollbringt das Panel keine Wunder. Einschränkungen, jedenfalls im Vergleich zu Top-Smartphones, die noch verkraftbar wären. Wirklich ärgerlich ist aber, dass Panasonic offenbar keine brauchbaren Maßnahmen gegen Spiegelungen ergriffen hat. Ist man mit der Smart Cam draussen unterwegs, schwankt die Benutzbarkeit des Bildschirms mit der Intensität des direkten Lichteinfalls. Da es auch keinen klassischen Sucher gibt, wiegt dieser Mangel umso schwerer.

Immerhin, ergonomisch ist das Gerät brauchbar gestaltet und liegt sowohl als Kameras und bei der Verwendung als Telefon gut in der Hand. Die Knöpfe, die alle auf der rechten Seite (bzw. oberen Seite im Kameramodus) liegen, sind etwas schwer ertastbar, aber so platziert, dass man sie kaum unabsichtlich betätigt.

Eine nette Erfindung ist der kleine Schieberegler, mit dem direkt in die Kamera-App wechseln lässt – auch bei ausgeschaltetem Display (sofern keine PIN-Sperre des Bildschirms oder dergleichen eingestellt ist). Betätigt man ihn noch einmal, landet man entweder am Homescreen oder in der zuletzt verwendeten App.

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Als Kamera macht die CM1 eine zweischneidige Figur. Der Sensor, der Fotos mit maximal 20 Megapixel ausspuckt, macht prinzipiell eine gute Figur, auch wenn das Wetter schlecht ist oder das Tageslicht schwindet. Betrachtet man die Bilder in Originalauflösung, fällt positiv auf, dass nur wenig Rauschen produziert wird und viele Details erhalten bleiben.

Der einfallenden Dunkelheit und erhöhtem Kunstlichtanteil muss auch die CM1 Tribut zollen, aber nicht so sehr wie Smartphone-Kameras. Farben und Kontraste der Bilder sind zudem überzeugend. Die Abstimmung im Automatikmodus arbeitet sehr zuverlässig. Die optische Bildstabilisierung arbeitet auch beim analogen Maximalzoom (2-fach) gut.

Von der Frontkamera, die mit eher mageren 1,1 Megapixel bestückt ist, kann man das nicht behaupten. Sie neigt zwar kaum zu kunstlichtbedingtem Farbstich, produziert aber wenig detailreiche Aufnahmen in Verbindung mit heftigem Rauschen bei weniger idealen Bedingungen.

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Den Vorteil des guten Sensors entwerten leider zweierlei Patzer von Panasonic. Der erste ist die Kamera-App an sich. Deren Interface erinnert an Android 2-Zeiten. Dass sie unübersichtlich zu bedienen ist, hat folglich nur wenig damit zu tun, dass man verschiedenste Einstellungen manuell vornehmen kann. Wichtige Optionen wie HDR sind mindestens einen Klick weiter entfernt, als bei der Standard-Kamerasoftware anderer Geräte.

Das zweite Problem betrifft die Verschlusszeit. Egal, welche Einstellung man vornimmt: Etwas schneller bewegte Objekte, wie Autos in mittlererer Geschwindigkeit, halbwegs scharf abzubilden, ist weitestgehend eine Glücksfrage. Immerhin: Wer seine Bilder professionell nachbearbeiten will, kann das dank RAW-Support tun.

Leider überzeugt die CM1 auch als Smartphone nicht, was weniger mit unvermeidbaren ergonomischen Defiziten zu tun hat, als viel mehr mit technischen Grundfunktionen. Als System kommt ein praktisch unmodifiziertes Android 4.4 "Kitkat" zum Einsatz. Einzige Beigaben sind ein paar Panasonic-eigene Apps.

Umso unverständlicher ist es, dass die Performance schon bei etwas gehobener Belastung spürbar einbricht, während die Navigation durch das System selbst völlig flüssig verläuft. Denn als Unterlage arbeitet ein Snapdragon-801-Chip (wie er sich etwa im OnePlus One findet) mit zwei GB RAM.

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Konnektivitätsseitig erfüllt das Gerät übrigens gängige Standards. Ins Internet geht es via WLAN (802.11n), 3G und LTE. An Bord sind auch Bluetooth 4.0 und GPS/GLONASS-Navigation und NFC.

Keine Freunde bereitet das Gerät im akustischen Bereich. Das beginnt mit dem bemitleidenswerten Mono-Lautsprecher auf der Rückseite, der zwar ausreichend laut, aber umso blecherner vor sich hindüdelt und Endet beim Hörerlautsprecher, der den Gesprächsteilnehmer am anderen Leitungsende mit dumpfem Klang und teils robotischen Verzerrungen untermalt. Linderung verschafft nur die Nutzung eines Headsets. Passable arbeit leistet zumindest das Mikrofon, denn man selbst wird gut verstanden.

Das Prädikat "okay" verdient sich die Laufzeit des 2.600-mAh-Akkus, sofern man das Gerät hauptsächlich nutzt und die Kamera nicht im Dauereinsatz hat – was freilich für eine Smart Camera aber ein naheliegendes Szenario ist. Üblicherweise reicht eine Ladung für einen Tag mit gelegentlichen Knipsern, oder drei bis vier Stunden Fotosafari. Da der Akku nicht austauschbar ist, sollte man bei letzterer dementsprechend eine externe Lademöglichkeit mitführen.

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Fazit

Man könnte der CM1 so manche Schwäche verzeihen. Die nicht ganz flotte Auslösezeit könnte mit Softwareupdates verbessert werden. Wer die komplizierte Kamerasoftware nicht mag, kann auf alternative Apps ausweichen, die Auswahl im Google Play Store ist groß. Und selbst das Spiegelungsproblem des Displays ließe sich mit einer aufklebbaren Folie zumindest spürbar mildern.

Doch das sollte für ein Gerät, für das Panasonic fast 900 Euro verlangt, eigentlich nicht nötig sein. Für einen Preis, um dem sich auch ein gutes Smartphone und eine digitale Spiegelreflexkamera der Einstiegsklasse anschaffen ließen, muss man schlicht mehr erwarten dürfen, zumal sich Schwächen wie jene bei der Akustik auch mit Firmware-Aktualisierungen nicht ausmerzen, sondern bestenfalls abschwächen lassen. Damit ist endet auch zwei Jahre nach der Galaxy Camera die Verheiratung aus "echter" Kompaktkamera mit einem Smartphone leider nicht in einer glücklichen Ehe.

Testfotos

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Später Nachmittag, Automatik
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Tageslicht, Automatik
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Gegenlicht, Automatik
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Tageslicht, Farmodus "Vivid"
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Vergleich: Tageslicht, Farbmodus "Natural"
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Tageslicht, HDR
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Früher Abend, Automatik
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Nacht, Automatik mit Blitz
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Obligates Katzenfoto, Kunstlicht, Automatik mit Blitz
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Tageslicht, Panorama (Google Camera-App)
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