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BND-Präsident Gerhard Schindler posiert im Inneren einer Abhöranlage im bayrischen Bad Aibling

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Die Frage, wie eng BND und NSA kooperiert haben, beschäftigt einen NSA-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestages

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Der BND beruft sich darauf, gemäß deutschem Grundgesetz gehandelt zu haben

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Daten fremder EU-Mitgliedsländer wurden aber nicht ausgefiltert, bestätigt ein Abteilungsleiter

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Der Dagger-Komplex ist einer der wichtigen NSA-Stützpunkte in Deutschland

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Neben der NSA lieferte der BND in der "Operation Glotaic" auch Internet- und Telefondaten an die CIA

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In Bad Aibling wurde auf Satelliten gezielt...

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Beobachter sehen Parallelen zur österreichischen Königswarte, die ebenfalls mit US-Geldern finanziert worden ist. Ihre Aufgabe bleibt unklar.

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Die NSA hat ein umfassendes Netz an Abschöpfpunkten erschaffen

Österreich und Deutschland gelten als SIGINT-, also Abhörpartner

Wäre da nicht eine Bank namens Hypo, Österreich hätte längst einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu den Machenschaften des US-Geheimdienstes NSA. Dieser Eindruck ergibt sich in Hintergrundgesprächen mit zuständigen Politikern. Denn alle sechs Parlamentsfraktionen sind entschlossen, der US-Spionage Einhalt zu gebieten. Das beweist ein gemeinsamer Entschließungsantrag der Sicherheitssprecher, der vergangene Woche eingereicht wurde.

Strafrecht ohne echte Handhabe

Die österreichische Regierung solle alle Mittel nutzen, um die Aktivitäten ausländischer Spione zu stoppen, ist dort zu lesen. Auch die Justiz wird aufgefordert, Ermittlungen zu forcieren. Doch die Materie eignet sich nur bedingt für eine strafrechtliche Verfolgung: Technisch hinterlasse die NSA kaum Spuren, ist aus eingeweihten Ermittlungskreisen zu hören. Die Beweislage ist also dürftig. Außerdem könne die Staatsanwaltschaft kein Verfahren gegen die NSA als Organisation führen, vielmehr müssten einzelne Personen als Agenten identifiziert und angeklagt werden. Selbst wenn das gelingen sollte, schützte diese als Botschaftsmitarbeiter ihre diplomatische Immunität.

Ressourcen belegt

Ein U-Ausschuss, der politische Aufklärung versucht, würde mehr Sinn ergeben. Doch dafür fehlen sowohl Ressourcen als auch Druckmittel: Die Oppositionsparteien dürfen mit ihrem Minderheitsrecht nur einen einzigen Untersuchungsausschuss beschließen, ihre Wahl fiel auf die Hypo. Für einen weiteren bräuchte man die Stimmen von SPÖ und ÖVP. Hinter den Kulissen verweisen diese darauf, dass die "Mammutaufgabe" Hypo-Ausschuss zu viele Ressourcen verschlinge, um parallel einen NSA-Ausschuss zu erlauben - was die Opposition vorerst einsieht.

Tricks und Nebelgranaten

Denn ein Blick nach Deutschland gibt diesen Bedenken recht. Der seit März 2014 tagende NSA-Ausschuss des Deutschen Bundestags wird nicht nur mit für U-Ausschüsse typischen Phänomenen wie geschwärzten Akten oder Zeugen mit Gedächtnisschwund konfrontiert, vielmehr laufen im Hintergrund Intrigen und Psychotricks, die der Feder eines John le Carré entstammen könnten.

Da tritt der CDU-Vorsitzende im Ausschuss zurück, weil der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) Personen in seinem Umfeld rekrutiert hat. Abgeordnete vermuten, dass ihre Mobiltelefone abgehört werden - zuletzt vergangenen Mittwoch. Die CIA wirbt einen Agenten des BND an, um geheime Infos über den Ausschuss zu erlangen. Er trifft sich in Salzburg mit US-Agenten, um ihnen einen USB-Stick zu überreichen, sein Doppelspiel wird von deutschen Spionen aufgedeckt.

Medienpropaganda

Auch die Medienpropaganda läuft auf Hochtouren: Die Süddeutsche Zeitung berichtete, dass der BND-Präsident in einer Ausschusssitzung überraschend heikle Details über eine Operation an die Abgeordneten verraten habe. Anschließend solle der BND diese Informationen selbst an Medien weitergegeben haben - um dann den Abgeordneten Geheimnisverrat unterstellen zu können. "Als Politiker in diesem Bereich werden leider die schlimmsten Dinge wahr", sagt der Grün-Politiker und Buchautor Malte Spitz.

Auch die Zeugenaussagen von BND-Mitarbeitern im U-Ausschuss werfen bisher mehr Fragen auf, als dass sie über das Ausmaß der Kooperation aufklären. Aufgedeckt wird durch brisante Enthüllungen in den Medien: So berichteten Süddeutsche Zeitung und Spiegel über Geheimoperationen, bei denen der BND für die US-Dienste Daten abschöpfte (siehe Wissen). Diese Enthüllungen zeigen, dass sich der BND lange Zeit von der NSA instrumentalisieren ließ. Sie haben auch für Österreich Bedeutung.

Kein Filter für EU-Bürger

Zunächst ist der BND rechtlich nur verpflichtet, die Daten deutscher Bürger zu filtern. Für ausländische Bürger gilt der Schutz des Postgeheimnisses nicht - EU-Mitgliedschaft hin oder her. Das bestätigte ein ehemalige BND-Abteilungsleiter am Donnerstag im NSA-Untersuchungsausschuss: "Belgier, Polen, Spanier filtern wir nicht raus." Wie viele Daten von Österreich über Deutschland fließen, ist unklar.

Laut Aaron Kaplan vom österreichischen Computer Emergency Response Team (Cert) wissen aufgrund sogenannter virtueller Verbindungen nur die Internetprovider selbst, welche Route die Datenpakete ihrer Kunden in Wirklichkeit nehmen. Allerdings, so Kaplan: "Amsterdam und Frankfurt zählen sicher zu den großen EU-Knotenpunkten beim Internetverkehr." Laut dem deutschen Spiegel-Redakteur und Buchautor Holger Stark profitieren die Geheimdienste davon, "dass es eine Art Schengen-Abkommen für Geheimdienste nicht gibt". Er fordert eine Diskussion über einen "europäischen Grundrechtsschutz innerhalb der EU".

Infos gegen Technik

Die US-Partner des BND waren allerdings schon damit unzufrieden, dass jener so viele deutsche Daten aussiebte. Das Motto der Kooperation hieß "Infos gegen Technik", verriet ein Mitarbeiter der BND-Abhörstation Bad Aibling. Der Komplex in Bayern wurde bis 2004 von der NSA betrieben und dann an die Deutschen übergeben. Bad Aibling mit seinen massiven Satellitenschüsseln wird oft mit der österreichischen Königswarte verglichen.

Königswarte

Das ist der nächste Punkt, bei dem die Enthüllungen Österreich betreffen. Denn der Lauschposten des österreichischen Bundesheers, der sich nordöstlich von Wien nahe der slowakischen Grenze befindet, wurde ursprünglich mit US-Geldern finanziert. Zur Zeit des Kalten Krieges war die Station eine Art Vorposten der Amerikaner, die alle Daten bekamen. Fakt ist, dass die Station in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut worden ist - trotz der Budgetkrise des österreichischen Militärs. Gab es auch hier "Infos gegen Technik"? Entsprechende Dokumente aus dem Snowden-Archiv sollen zwar existieren, wurden aber bislang noch nicht veröffentlicht.

Ergänzung

Die Königswarte könnte eine Ergänzung zu Bad Aibling sein. Denn prinzipiell mache es keinen Unterschied, von welchem der zwei Punkte man lausche. Das sagt Otto Koudelka vom Institut für Kommunikationsnetze und Satellitenkommunikation der Technischen Universität Graz. Dass die Satellitenschüsseln in Bayern im Gegensatz zu jenen der Königswarte mit sogenannten "Radomen", also umschließenden Kuppeln, bestückt sei, deute nicht auf eine andere Funktion hin. "Die Umhüllung kann aus Schutz vor widrigem Wetter erfolgen", sagt Koudelka, "oder weil ich nicht verraten möchte, worauf ich die Antennen richte."

Staatsgeheimnis

Wohin die Königswarte lauscht und ob die USA davon profitieren, bleibt vorerst ein Geheimnis - trotz fehlender Radome. Es dürfte allerdings nur noch eine Frage der Zeit sein, bis auch in Österreich parlamentarische Aufklärung über die NSA-Affäre in Gang kommt. Bis dahin bleibt der Blick auf den deutschen U-Ausschuss - von dem man immerhin vorab lernen kann, welche Nebelgranaten Geheimdienste zünden, um sich nicht auf die Finger schauen lassen zu müssen. (Fabian Schmid, DER STANDARD, 6.3.2015)