Beim Start im Berufsleben haben junge Hochschulabsolventen ganz bestimmte Vorstellungen.

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Die Absolventen von technischen und wirtschaftswissenschaftlichen Studien schrauben ihre Gehaltserwartungen zurück, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten gehören nach wie vor zu den wichtigsten Faktoren bei der Wahl des Arbeitgebers: Zu dieser Erkenntnis kommt der aktuelle Graduate Barometer Austria 2015 von Trendence, einem Forschungsinstitut für Employer Branding. Dafür werden jährlich mehr als 300.000 dem Abschluss nahe Studierende technischer und wirtschaftswissenschaftlicher Studien von mehr als 900 Hochschulen in 24 Ländern befragt. Aus Österreich waren rund 6200 Studierende von 24 Hochschulen an der Umfrage beteiligt.

Kriterien für Berufswahl

Neben einem Ranking der beliebtesten Arbeitgeber werden auch wichtige Entscheidungskriterien bei der Wahl des Arbeitgebers abgefragt. Hier zeigt sich einmal mehr, dass die Unternehmenskultur für die Wahl besonders wichtig ist. Rund 80 Prozent der Befragten gaben an, dass es wichtig sei, dass das Unternehmen zu ihnen passt. Wenn ihnen die Unternehmenskultur nicht passt, würden laut der Umfrage rund 60 Prozent einen Job auch ausschlagen.

Andererseits würden ebenfalls rund 60 Prozent auf Gehalt verzichten, wenn sie die Kultur des Unternehmens überzeugen kann. Aber zwei von fünf Studierenden sind der Meinung, dass viele unglaubwürdige Informationen über die Kultur in den Unternehmen zu finden sind. Und für Informationszwecke wird der sozialmediale Auftritt immer häufiger genutzt. Bewerbungen über Karrierenetzwerke wie Xing und Linkedin haben sich noch nicht durchgesetzt.

Sicherheit geht vor

Ein hohes Einstiegsgehalt lockt immer weniger in ein Unternehmen. Auch in der aktuellen Umfrage spielt ein hohes Gehalt eine geringere Bedeutung bei der Wahl des Arbeitgebers als im Vorjahr, dafür wird mehr Wert auf die Sicherheit der Anstellung gelegt. Mehr als 85 Prozent nannten dieses Kriterium als wichtig.

Veränderungen gegenüber dem vergangenen Jahr gibt es bei der Einschätzung der wöchentlichen Arbeitszeit und des zu erwartenden Gehalts. Sowohl bei Technikern als auch bei Wirtschaftswissenschaftern hat beides einen geringeren Wert als noch im Vorjahr. Gingen Absolventen sowohl technischer als auch wirtschaftswissenschaftlicher Studien 2014 noch davon aus, dass sie rund 45 Stunden in der Woche arbeiten würden, so sind es in der aktuellen Befragung zwei Wochenarbeitsstunden weniger. Ähnlich die Erwartung beim Gehalt: Hier gingen Absolventen wirtschaftswissenschaftlicher Studien im vergangenen Jahr davon aus, dass sie rund 34.000 Euro brutto im Jahr verdienen würden. In diesem Jahr liegen die Erwartungen nur noch bei rund 30.000 Jahresgage brutto. Techniker erwarten ein Jahresbruttogehalt von 34.000 Euro, im Jahr davor lag dieser Wert bei rund 36.600 Euro.

Die angespannte Situation auf dem Arbeitsmarkt spiegelt sich auch in den Einschätzungen der Absolventen wider. Immerhin 40 Prozent der Wirtschaftswissenschafter gehen davon aus, dass es schwieriger wird, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Im vergangenen Jahr waren es nur gut 30 Prozent. Dafür werden die Sorgen um die berufliche Zukunft im Vergleich zu 2014 geringer, denn deutlich mehr Absolventen fühlen sich nun durch ihr wirtschaftliches Studium optimal auf die Berufswelt vorbereitet (2014: 31,5 Prozent; 2015: 38,6 Prozent).

Schwierigere Jobsuche

Optimistischer blicken Techniker in ihre berufliche Zukunft. Zwar gehen auch sie von einem schwierigeren Bewerbungsprozess als im Vorjahr aus. Aber nur rund ein Viertel der Befragten erwartet, dass es 2015 schwer sein wird, einen passenden Job zu finden. Rund 45 Prozent fühlen sich durch ihre technische Ausbildung optimal auf die Berufswelt vorbereitet.

Neben der passenden Unternehmenskultur punkten Unternehmer bei Technikern vor allem mit attraktiven Arbeitsaufgaben, Wertschätzung und Möglichkeiten zur persönlichen Entwicklung. Wirtschaftswissenschafter schätzen bei Arbeitgebern ebenfalls die Chance zur persönlichen Entwicklung sowie attraktive Aufgaben. An dritter Stelle rangieren bei wirtschaftswissenschaftlichen Absolventen aber bereits ausgezeichnete Karriereperspektiven. Bei Technikern ist dieser Jobanspruch erst auf Platz acht zu finden.

Die beliebtesten Arbeitgeber

An der Spitze der beliebtesten Arbeitgeber hat sich nichts getan. Red Bull liegt bei Wirtschaftswissenschaftern und Google bei Technikern ganz vorne. Bei den Wirtschaftsabsolventen konnten BMW und Google ihre Plätze zwei und drei behaupten. Zu den größten Aufsteigern gehören Banken, allen voran die Erste Bank. Sie konnte sich von Rang 28 auf zehn verbessern. An Attraktivität als Arbeitgeber zugelegt hat auch der öffentliche Sektor, allen voran die Vereinten Nationen, aber auch das Außenministerium konnte dazugewinnen. Die Europäische Union hingegen verlor leicht.

BMW und Siemens - bei den Technikern auf den Plätzen zwei und drei - konnten ihre Attraktivität weiter steigern. Von Platz 22 im Jahr 2014 auf den neunten Platz verbesserte sich die European Space Agency. Deutlich an Attraktivität verloren haben hingegen Voestalpine, Andritz und Verbund, aber auch Pharmaunternehmen wie Novartis, Boehringer und Borealis haben an Anziehungskraft eingebüßt. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, 18./19.4.2015)