Mayer beim Rekordwurf.

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Zwei Wochen zuvor hatten der Werfer und sein Coach Högler (re.) selbst Hand angelegt, als der Boden für den 1500 kg schweren Wurfkreis bereitet wurde.

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Schwechat/Wien – Die Weisheit, alles im Leben sei relativ, ist natürlich auch zu relativieren. Was liegt, das pickt. In Schwechat-Rannersdorf ist ein Diskus nach 67,20 Metern gelandet, das war österreichischer Rekord, Limit für die WM (Peking, August), Limit für Olympia (Rio 2016) und Jahresweltbestleistung. Heuer hat weltweit noch niemand einen Diskus so weit geschleudert wie Gerhard Mayer, der 34-jährige Niederösterreicher. Das Jahr ist jung, die Freiluftsaison noch jünger, und der eine oder andere wird Mayer wohl übertreffen. Doch auch die Bestenliste 2014 hätte Mayer immerhin als viertbesten Werfer des Planeten ausgeschildert.

Mayers Großtat.
Austrian Athletics

Seinen bisherigen Rekord, die 65,24 Meter vom 10. Juni 2010, hat Mayer um fast zwei Meter übertroffen. Da nimmt es nicht wunder, dass – via Social Media - flott Unkenrufe laut wurden. Gregor Högler (42), der im Speerwurf Olympiateilnehmer (2000) war und 14 österreichische Meistertitel gewann, ist seit Jahren Mayers Trainer, er sagt: "Die Neider sind schnell da."

Die Steigerung Mayers hat mehrere Ursachen, vor allem ist sie das Resultat sorgfältiger Planung. Der Weltverband (IAAF) hatte die Limits für Großevents höher und höher geschraubt – 62,5 Meter für Peking 2008, 63 Meter für London 2012, 66 Meter für Rio 2016. Das setzte bei Högler einen Denkprozess in Gang. "In Amerika werfen sie seit Jahren mit Windunterstützung, überall tun sie das. Auch deshalb werden immer höhere Weiten erzielt. Wir haben da nur nachgezogen."

Högler, auch Vizepräsident im Verband (ÖLV), ließ zwei Wurfkreise installieren, er und Mayer legten selbst mit Hand an. Jener in der Südstadt ist bei Nordwestwind geeignet, jener in Schwechat bei Südostwind, wie er am Dienstag herrschte. Högler: "Die Bedingungen waren perfekt, der Plan ist voll aufgegangen." Der Wettkampf auf dem Wurffeld vor dem Stadion Schwechat-Rannersdorf war einer von mehreren, die Högler angemeldet hatte, in der Hoffnung auf günstige Bedingungen.

Die gute Form

Drei Kampfrichter waren vor Ort, alles wurde ordnungsgemäß vermessen, natürlich trat Mayer zur Dopingkontrolle an. Im Diskuswurf gibt es, anders als im Sprint oder im Skispringen, keinen vorgeschriebenen Windkorridor, Messungen wären auch gar zu schwierig. Mit der Windunterstützung allein war es natürlich nicht getan. Mayer sei, sagt Trainer Högler, in toller Form, habe im Training konstant um die 62 Meter geworfen. "Und dieser eine Wurf war halt auch richtig gut." Wie viel der Wind gebracht hat, lässt sich schwer sagen, vielleicht zwei Meter, vielleicht etwas mehr.

Die Form wurde im Winter sorgsam aufgebaut. Hilfreich war, dass Höglers Gruppe in der Südstadt in einer Halle mit einem 15 mal 15 Meter großen Wurfnetz trainieren konnte. Früher hatte Mayer auch im Winter bei fast jedem Wetter daheim in Franzensdorf auf einem Feld trainiert, das seinem Onkel Helmut gehört. "Gerhard hatte oft Fußprobleme", sagt Högler, "das hatte natürlich mit der Kälte zu tun." Wenn sie jetzt, im Frühling, aufs Feld von Onkel Helmut gehen, kann nichts mehr passieren. Auch dort haben der Werfer und sein Trainer zwei Kreise hineingelegt, einen hüben, einen drüben. Weil es immer darauf ankommt, woher der Wind weht. (Fritz Neumann, DER STANDARD, 7.5.2015)