Sie spielen das Lied vom langsamen Taco - diesen Sommer am Donaukanal.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die Taco-Kombinationen lassen kaum Wünsche offen.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Er war wieder unterwegs und hat uns auch was mitgebracht. Brian Patton, irischstämmiger Multiwirt, Betreiber des Gastropubs Charlie P's und des BBQ-Tempels The Brickmakers, geht alle Jahre wieder auf große Fahrt, um sich Ideen für das sommerliche Pop-up beim Badeschiff am Donaukanal anzufressen. Waren vergangenes Jahr Texas und dessen BBQ-Kultur dran, so ging es diesmal nach Südkalifornien und Nordmexiko, um dem gefüllten Maisfladen Taco nachzuspüren. Mit im Boot: Peter Zinter, der neue Überkoch der Gruppe.

Seit vergangener Woche ist das Ergebnis der Studienreise im frisch renovierten Holzverschlag beim Badeschiff zu verkosten - inklusive allerhand Craftbier, selbstgefertigter Limos und frisch frittierter Churros mit bitterköstlicher Schokosauce für hinterher. Vorweg: Es lohnt, sich für diese Platz zu lassen.

Möglichst lokal produziert

Und sonst? Wird wie schon bei den geräucherten Fleischtrümmern des Vorjahrs die lokale Kompetenz für amerikanische Esskultur ganz entscheidend nach oben geschraubt. Zinter und Patton haben ihr Projekt Slow Tacos getauft, weil sie in Anlehnung an die Idee von Slow Food und aus Reverenz gegenüber der atemberaubenden Hingabe für gutes Essen, die auch sie in Mexiko erleben durften, so weit als möglich auf Produkte aus lokaler Produktion und handwerklicher Herstellung fokussieren wollen.

Bei explizit mexikanischem Essen, das wesentlich von der Vielfalt an Mais, Chilischoten, Avocados abhängt, die dieses kulinarisch wohl spannendste Land der Neuen Welt kultiviert, ist das in unseren Breiten nicht ganz einfach.

Die Tortillas werden - aus gentechnisch zertifiziert unverändertem Mais - in Mexiko hergestellt, auch die diversen Chipotles, Anchos, Jalapeños, Pimientos de Padrón und sonstigen Chilis sind importiert. Ein Gutteil des Gemüses aber soll im Sommer von einem eigens angelegten Feld bei Schneckenzüchter Andreas Gugumuck vor den Toren der Stadt kommen, der Fisch von der Naturteichwirtschaft Radlberg, das Fleisch von Qualitätsfleischhauer Höllerschmid aus dem Kamptal.

Deftige Gemeinheit

Zwar kann man die Füllungen der diversen Tacos nicht wie in Mexiko unabdingbar in Absprache mit dem Taquero selbst bestimmen - was Patton und Zinter an Kombinationen bereithalten, lässt aber kaum Wünsche offen. Mit knapp mariniertem Ceviche vom Seesaibling, Avocado, Koriander und eingelegter roter Zwiebel gefüllt, erhält der geschmeidige, von dichtem Maisaroma bestimmte Fladen ungeahnte Eleganz. Mit cremigen Kalbskutteln, Jalapeño und Jungzwiebel versehen, gerät er zur subtil deftigen Gemeinheit: Einer allein ist nie genug.

Mit ausgelöstem, knusprig gebratenem Schweinefuß und Grammeln wird er nur nominell zur Mutprobe für Schnitzeltiger: Wer sich über Grammelknödel drübertraut, wird an diesem Taco seine Freude haben. Die Fladen können entweder als Dreier-"Combos" geordert werden, oder monothematisch zu je drei Stück. Geschmortes Beinfleisch ("Short Rib") mit dem aus Argentinien bekannten Korianderpesto Chimichurri und frittierten Pimientos de Padrón gibt es auch, Maishendl mit Chipotlemarmelade, Erdnüssen und Spinat (sehr gut!) detto. Vegetarier hingegen müssen sich mit gegrilltem Käse, Avocado und Koriander bescheiden - funktioniert aber auch sehr gut.

So toll mexikanisch hat man in Wien bislang nirgends essen können. Die Wartezeiten für Bier und Essen waren an den ersten Tagen aber so, dass man sich als hungriger Caballero schon wundern musste, ob Küche und Service ihren Job bei aller Hingabe nicht ein bissl gar tranquilo angehen.

(Severin Corti, Rondo, 22.5.2015)