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Das Camp der Gipfelgegner im bayerischen Garmisch-Partenkirchen füllte sich am Freitag rasch. Bis zu tausend Personen können auf einer Wiese, die von einem Landwirt gepachtet wurde, unterkommen.

Foto: REUTERS/Sascha Rheker

"Was gibt's in Bayern zum Mittagessen? Na?" Simon lacht, der Schweiß rinnt ihm aus den Rastalocken. "Gulasch natürlich. Bei uns allerdings mit Geschnetzeltem aus Tofu." Für den 30-Jährigen aus Thüringen ist der Tag noch heißer als für andere. Er hat sich im Widerstandscamp gegen den G7-Gipfel für die "Volksküche" gemeldet und kocht bei 30 Grad unter freiem Himmel.

"Ich möchte den Leuten hier im wahrsten Sinne des Wortes Kraft geben, damit sie gegen dieses Gipfeltreffen protestieren können", sagt er und deutet auf ein großes Transparent. "G7 Gipfel ist geschmacklos, darum kochen wir für Euch", steht darauf. Er findet es "einfach nicht in Ordnung, dass sich da sieben Leute treffen, die keiner gewählt hat, und Weltpolitik bestimmen können."

Deshalb hat er seine Isomatte eingepackt und ist ins Camp gekommen. Dieses steht dem Domizil für die Staats- und Regierungschefs von Deutschland, Japan, USA, Kanada, Frankreich, Italien und Großbritannien zwar in puncto Komfort um einiges nach - die Herrschaften residieren schließlich im rund 20 Kilometer entfernten Schloss Elmau. Doch auch das Camp des Aktionsbündnisses "Stopp G7 Elmau" auf einer baumlosen und daher äußerst heißen Wiese hat mittlerweile einige Bekanntheit erreicht.

Zelte, Fahnen, Transparente

Die Verwaltung von Garmisch-Partenkirchen genehmigte es zunächst nicht und argumentierte mit fehlendem Hochwasserschutz. Doch das Verwaltungsgericht München hob die Entscheidung auf, und so wurde es am Freitag auf der Wiese stündlich voller und bunter. Nicht nur kleine Zelte wurden aufgebaut, auch Fahnen und Transparente zogen ein. So blickt Che Guevara entrückt in die bayerische Bergwelt, ein "A" im Kreis flattert zu Gitarrenklängen im heißen Wind.

Doch Anarchie herrscht hier beileibe nicht. Die Camper müssen schon einige Regeln einhalten. Es gibt keinen Schnaps, kleinere und größere Geschäfte werden in Dixi-Klos erledigt, nicht in der schönen Natur. Das Gesundheitsamt war auch schon da und hat kontrolliert, ob es ordnungsgemäße Waschgelegenheiten gibt, auf dass nicht das nahe gelegene (allerdings sehr kalte) Flüsschen Partnach herhalten muss.

"Alles fein und friedlich hier", sagt Adrian, als er durch das Camp führt und nicht ohne stolz erklärt, dass sich im Camp "auch unsere eigenen Sanitäter und Rechtsanwälte befinden." "Ich hoffe, es bleibt so ruhig", sagt Melanie, die aus Berlin angereist ist. Sie war 2007 schon beim G8-Gipfel in Heiligendamm an der Ostsee dabei. "Um Entwicklungshilfe hat man sich dabei nicht gekümmert", lautet ihre Kritik. Deshalb will sie heute, Samstag, auf der zentralen großen Demo gegen das Treffen durch den Ort marschieren.

"Im Camp haben wir keine Angst vor Randalierern. Die kommen hier nicht rein", erklärt die Soziologiestudentin. "Aber uns besorgt schon, dass jemand die Demo missbraucht. Gewaltsamer Protest fällt ja leider auf alle Demonstranten zurück."

Mike aus dem nahen München sieht es genauso, aber dennoch stört ihn die massive Polizeipräsenz: "Man kann ja keinen Schritt tun, ohne auf Polizei zu stoßen." Er hätte eine viel bessere Verwendungsmöglichkeit für die vielen Einsatzkräfte: "Sie sollten lieber im Mittelmeer Flüchtlinge retten."

Juncker spottet über Polizei

Über das massive Polizeiaufgebot spottet selbst EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: "Ich werde am Sonntag am G7-Treffen in Bayern teilnehmen, wenn mich die bayerische Polizei nicht daran hindert, das Hotel zu erreichen."

Gastgeberin Angela Merkel aber verteidigt den großen Aufwand und erklärt, irgendwo müsse man sich ja mal zusammensetzen und reden können: "Wir haben in der Geschichte Europas gesehen, wohin es geführt hat, wenn nicht gesprochen wurde."

Alles ruhig, vermeldet die Polizei am Freitag in Garmisch. Ihr gelang im Zuge ihres G-7-Einsatzes schon jede Menge "Beifang". Sie stellte bei Kontrollen rund 6600 Verstöße gegen das Aufenthaltsgesetz fest, wies an den Grenzen mehr als 350 Personen zurück, erwischte 118 Personen mit Drogen und 59 Personen, gegen die ein Haftbefehl vorlag.

Allerdings räumt auch die Polizei ein, dass die Anspannung vor der Ankunft der Gäste am Sonntag wächst. Die Ruhe in Person ist hingegen Merkel. Noch bevor ein einziger ihrer hohen Gäste einen Fuß ins Schlosshotel gesetzt hat, schraubte sie schon die Erwartungen an das Treffen herunter: "Man kann von einem Sonntag und einem Montag in Elmau nicht die Lösung aller Konflikte erwarten." (Birgit Baumann aus Garmisch-Partenkirchen, 6.6.2015)