Mit Songs wie "Fire and Rain" seit den 70ern Inbegriff des sensiblen, introspektiven Singer-Songwriters: James Taylor.

Foto: Universal / Timothy White

2006 wurde James Taylor als "MusiCares Person of the Year" geehrt.

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Die wilden Jahre sieht man dem freundlichen älteren Herrn nicht an. "Ich schätze mich sehr glücklich, dass ich nicht bei mindestens fünf Gelegenheiten längst ums Leben gekommen bin", spielt der Singer-Songwriter James Taylor im Gespräch auf seine Heroinprobleme in den 70er-Jahren an. Als sein Freund, der Schauspieler und "Blues Brother" John Belushi, starb, sang er an dessen Grab, dieser Tage veröffentlicht Taylor mit Before this World erstmals seit 13 Jahren ein Studioalbum mit neuen Songs.

Mit Weggefährtinnen wie Joni Mitchell und Carole King galt Taylor vielen als Inbegriff des introspektiven Singer-Songwriters, eine Schublade, die ihm nach wie vor zu eng ist: "Meine ersten drei erfolgreichen Songs waren Fire and Rain, Don't Let Me Be Lonely Tonight und eine Coverversion von You've Got a Friend – alle sehr sensibel, emotionell, gegen die Einsamkeit kämpfend. Aber gleichzeitig schrieb ich Stücke wie Steamroller, in denen es um etwas ganz anderes geht."

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Die Pressegespräche für sein neues Album führten den in North Carolina aufgewachsenen, heute 67-jährigen Musiker zurück nach London, wo seine Karriere einst ihren Ausgang nahm. Taylor hat hier 1968 sein mit seinem Namen betiteltes Debütalbum als erster Nichtbrite auf Apple Records, dem Plattenlabel der Beatles, unter Beteiligung von George Harrison und Paul McCartney aufgenommen. "Die Unterstützung der Beatles zu haben, das war für mich, wie im Zentrum des Universums zu sein."

"Two-Lane Blacktop"

An der Seite von Beach Boy Dennis Wilson schaffte es Taylor, der einstige Posterboy unter den Singer-Songwritern, 1971 auf dem ersten Gipfel seines Ruhms auch auf die Leinwand. Ursprünglich ein Flop, gilt Monte Hellmans Roadmovie Two-Lane Blacktop heute als New-Hollywood-Klassiker. Für Taylor hat die Filmerfahrung einen bitteren Nachgeschmack: "Hellman hat mir als Schauspieler nicht vertraut. Er wollte keinen Input von mir, sondern mich unter bestimmten Umständen dokumentieren. Ich habe den Film nie gesehen, auch deshalb weil ich mich dabei nie wohlgefühlt habe, ein Star zu sein."

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Sein damaliger Drogenkonsum sei nicht zuletzt therapeutischer Natur gewesen, so Taylor, der in Fire and Rain seine Erfahrungen in psychiatrischen Anstalten verarbeitete: "Ich habe jahrelang Drogen genommen, um mich selbst zu behandeln. Schließlich musste ich lernen, ohne sie auszukommen, weil es nichts mehr half und ganz einfach zu gefährlich war."

Therapeutischen, geradezu palliativen Charakter schreibt Taylor auch einem Strang seiner Lieder zu, die er als "recovery songs" bezeichnet. Auf dem neuen Album zählt er dazu etwa Watchin' Over Me. Oder den Titelsong Before This World, eine "Hymne für Agnostiker". Zu Themen wie dem Leben "on the road" (Stretch of the Highway) oder der pastoralen Natur als Trostspender (Montana) kehre er immer wieder zurück. Ohnehin sei es fast unmöglich, sich nicht zu wiederholen.

James Taylor

Was einen idealen Song für ihn ausmacht? Er müsse auf verschiedenen Ebenen funktionieren, musikalisch wie sprachlich. Gelungen sei ihm das etwa mit seinem frühen Song Sweet Baby James, den Taylor auf seine Reimschemata und Perspektivenwechsel hin exakt zu sezieren weiß. Seine Intelligenz und sein Humor sind es auch, die Taylor im heiklen Fach autobiografischer Songs vor mancher Peinlichkeitsfalle bewahrten.

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Das neue Album bedeutet für Taylor die Rückkehr zu seiner "musikalischen Familie", zu Musikern, mit denen er seit Jahren zusammenarbeitet. Mit Schlagzeuglegende Steve Gadd und dem Gitarristen Michael Landau hat Taylor auch in jenen 13 Jahren live gespielt, in denen er keine neuen Songs veröffentlichte, sondern stattdessen zwei Alben mit Coverversionen rausbrachte: "Das waren Songs, die für mich auf der Gitarre funktionieren und denen ich etwas hinzufügen konnte."

Aufgetreten ist Taylor auch bei Wahlkampfveranstaltungen für Barack Obama: "Ich bin dankbar für jeden Tag, den er im Amt ist. Ich finde es gut, dass er das amerikanische Experiment repräsentiert." Wie er es mit Hillary Clinton hält? "Ich denke, sie wäre eine großartige Präsidentin." (Karl Gedlicka, 18.6.2015)