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Bei Kleinkindern im Schwimmbad genügt ein unbeobachteter Moment, und sie befinden sich in großer Gefahr.

Foto: APA/: Georg Hochmuth

Manchmal reicht ein unbeobachteter Moment: Papa spielt mit seinen Kindern im seichten Wasser und geht nur kurz an den Liegeplatz, um den Sonnenhut zu holen. Als er zurückkommt, treibt der Vierjährige leblos im Wasser. Wie konnte das geschehen? Badeunfälle wie diese passieren gar nicht selten und enden für die Kleinen in bis zu fünf Fällen im Jahr sogar tödlich. Somit ist das Ertrinken nach dem Verkehrsunfall die zweithäufigste Todesursache in diesem Alter.

Dabei ist es leider nicht zu ändern, dass Gewässer für Kleinkinder so gefährlich sind: Zum einen übt Wasser auf Kinder eine unbändige Anziehung aus – sie spielen mit Vorliebe rund um und im Wasser. Und zweitens: Falls sie untergehen, ertrinken sie leise – ohne starke Bewegungen oder Hilferufe. Die kleinen Körper gehen im Wasser unter wie ein Stein.

Bei Erste Hilfe keine Zeit verlieren

Gerade deshalb zählt bei der Rettung jede Sekunde. Fritz Firlinger, Internist und leitender Notarzt in Linz, kann dieses Gebot nur unterstreichen: "Wenn beim Opfer keine Lebenszeichen festzustellen sind, dazu zählt Husten, Atmen oder auch Bewegungen, dann muss wirklich sofort mit der Beatmung und der Herzdruckmassage begonnen werden. Aufhören darf man erst, wenn das Notarztteam eingetroffen ist."

Befürchtungen, dass mit einer laienhaften Ersten Hilfe die Lage der Unfallopfer noch verschlimmert werden könnte, weist er klar zurück: "Das einzige, was man falsch machen kann, ist die unterlassene Hilfeleistung". Selbst wenn man bei der Herzmassage für einen Rippenbruch sorgen sollte, "was bei kleinen Kindern äußerst selten passiert", sei dies harmlos im Vergleich zu dem, was geschehe, wenn das Kind keine Hilfe bekommen würde, gibt der Internist zu bedenken.

"Zweites Ertrinken" keine reale Gefahr

Eine weitere Gefahr, die unter Eltern immer wieder diskutiert wird, ist das sogenannte "zweite Ertrinken". Es handelt sich dabei um ein toxisches Lungenödem, also die Ansammlung von Wasser in der Lunge, die auch noch Stunden nach dem Unfall zu Atemnot führen kann. Firlinger rät, sich von solchen Horrorszenarien nicht verrückt machen zu lassen: "Das Volllaufen der Lunge mit Wasser ist bei Kleinkindern sehr unwahrscheinlich. Sie sind vor solchen Komplikationen mit dem automatischen Stimmlippenverschluss geschützt". Seiner Meinung nach kann das zweite Ertrinken nur passieren, wenn das Kind beim Sturz ins Wasser bewusstlos war – beispielsweise durch einen Kopfstoß.

Privatpools und Biotope besonders gefährlich

Bleibt noch die Frage, was Erwachsene tun können, um solche schlimmen Badeunfälle zu verhindern. Eine ganze Menge, wie ein Blick auf die häufigsten Unfallorte zeigt. Besonders gefährlich für Kleinkinder sind nämlich Privatpools und Biotope und nicht etwa die im Sommer stark frequentierten öffentlichen Schwimmbäder. BesitzerInnen sollten ihren Pool sichern, in dem sie einen ausreichend hohen Zaun rund um den Pool bauen, eine trittsichere Abdeckung anbringen oder auch Alarmanlagen installieren, die den Wellenschlag an der Wasseroberfläche messen und im Ernstfall Alarm schlagen.

Sicherungspflicht gibt es nicht

Doch in der Realität sind die wenigsten Pools in Österreich ausreichend gesichert. Dafür gibt es hierzulande auch keine Baupflicht, wie Armin Kaltenegger, Leiter der Rechtsabteilung des Kuratoriums für Verkehrssicherheit, festhält. PoolbesitzerInnen sind also nicht verpflichtet, eine Sicherung anzubringen.

Doch das heißt nicht, dass sie im Schadensfall, also bei einem Badeunfall, nicht haftbar gemacht werden können. "Zwar haben die Eltern die Aufsichtspflicht über ihre Kinder, aber die BesitzerInnen von Grundstücken haben ebenso die Pflicht, Gefahren, die sie durch ihren Besitz schaffen, zu eliminieren", erläutert Kaltenegger. Dafür reiche es, sein Grundstück durch einen Zaun so einzufrieden, dass Kinder nicht ohne weiteres hineinkönnen. Ist dem aber nicht so, oder wurden Eltern zum Beispiel bei einer Kindergeburtstagsfeier nicht darüber informiert, dass sich um die Ecke des Hauses auch ein Biotop befindet, in den man hineinfallen könnte, dann wird auch der/die BesitzerIn haftbar.

Die Bauordnung so zu ändern, dass PoolbesitzerInnen zur Sicherung ihrer Anlage verpflichtet werden, hält Kaltenegger für denkbar. Er verweist auf Schweden, wo Fensterstürze – eine weitere große Unfallquelle für Kinder – minimiert werden konnten, weil eine Sicherungspflicht für höherliegende Fenster eingeführt wurde. "Beides wäre auch für Österreich eine gute Idee", so der Rechtsexperte abschließend. (Ina Freudenschuß, 17.6.2015)