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Marlen Haushofers berühmtester Roman "Die Wand" wurde 2012 verfilmt.

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Marlen Haushofers Biografie lässt sich am besten als "dazwischen" charakterisieren: Sie wurde während des Zweiten Weltkriegs erwachsen, war aber schon schwer krank, als die feministische Bewegung ihren Anlauf nahm. Sie machte weder die Gräueltaten des Krieges noch den Aufbruch der Frauen zum Thema. Ihre Domäne waren die trügerische Glätte der Nachkriegsjahre und die Nöte jener Menschen, die die Wahrheit der Dinge nicht ausblenden konnten.

Geboren 1920, wuchs Haushofer bei ihren Eltern im oberösterreichischen Effertsbachtal bei Frauenstein auf. Diese ersten Lebensjahre in der Natur prägten ihre Wahrnehmung und flossen später in ihre Darstellungen ein. Schon als Mädchen begann sie zu schreiben, doch erst nach dem Krieg machte sie mit dem Schreiben ernst.

Sie publizierte bei österreichischen Tageszeitungen und fand Anschluss in der Wiener Literatenszene. Zu diesem Zeitpunkt war Haushofer bereits mit dem Zahnarzt ManfredHaushofer verheiratet und hatte zwei Kinder. Das erste, uneheliche Kind brachte sie 1940 heimlich in Bayern zur Welt. Erst nach Kriegsende holten sie den Erstgeborenen zu sich in die Familie nach Graz.

Das eigene Leben als Vorlage

Mit ihrer ersten Buchpublikation gelang Haushofer bereits ein größerer Erfolg: Das fünfte Jahr(1952), eine längere Erzählung aus der Perspektive eines Fünfjährigen, wurde mit dem Kleinen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Es folgten die Romane Eine Handvoll Leben(1955) und Die Tapetentür (1957), die vorwiegend positives Echo hervorriefen. Am Ende dieser turbulenten Lebensjahre, in denen sie ihren Mann verlassen und erneut geheiratet hatte (1958), machte sie sich an die Arbeit zu ihrem berühmtesten Werk, Die Wand. Die Geschichte einer Frau, die nach einer rätselhaften Atomkatastrophe allein mit ihrem Hund in einer unwirtlichen Bergwelt zurückbleibt, polarisierte die Literaturszene. Es folgten mehrere Kinderbücher, allen voran Brav sein ist schwer, das zum Kinderbuchklassiker avancierte.

Zeit ihres Lebens hatte Haushofer damit zu kämpfen, dass ihre Romane und Themen – der Alltag und die innerlichen Widersprüche der Nachkriegsfrauen – als "Hausfrauenliteratur" abgekanzelt wurden. Sie selbst sah ihre Arbeit jedoch schon immer als das, was in den 1980ern – entdeckt durch die zweite Frauenbewegung – für alle sichtbar werden sollte: als kühne Analyse der bürgerlichen Gesellschaft, die zwischen "Dämonie und Idylle" hin und her schwankt. Ihre eigene Biografie als Arztgattin, Hausfrau und Mutter in der Provinz, aber auch als anerkanntes Mitglied des Wiener Literaturzirkels lieferte ihr hierfür zahlreiche Vorlagen.

Ihrer schlichten und nüchternen Sprache blieb Haushofer auch in ihren Tagebuchaufzeichnungen treu. Darin schrieb sie kurz vor ihrem Tod: "Mach dir keine Sorgen. Du hast zu viel und zu wenig gesehen, wie alle Menschen vor dir. (...) vielleicht hast du zu viel geliebt und gehasst – aber nur wenige Jahre (...) dann war ein Teil von dir tot."

Nur kurz vor ihrem 50. Geburtstag starb Marlen Haushofer an Knochenkrebs in Wien. (Ina Freudenschuß, 19.6.2015)