Svensson über die Arbeit mit Kindern: "Ich überlege immer, was sie in 20 Jahren brauchen werden. Es ist quasi Arbeiten mit der Zukunft."

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In Wiens Kindergärten arbeiten derzeit 85 Männer und rund 3500 Frauen. Rund 20 Männer absolvieren derzeit die Ausbildung zum Kindergartenpädagogen.

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Ganz überrascht geschaut habe er, der ältere Mann, beim letzten Ausflug mit den Kindern zum nahegelegenen Türkenschanzpark. Zögerlich sei er auf die Gruppe zugekommen und habe gefragt: "Was, Sie sind zwei Männer und mit einer Gruppe von Kleinkindern unterwegs?"

Gemeinsam mit einem Kollegen und einer Schar von 15 Kindern unterwegs zu sein, ist für Pär-Åke Svensson (von den Kids auch "Pelle" genannt) keine besondere Ausnahme mehr, sondern Normalität, und zwar seit sechs Jahren. So lange arbeitet der 31-Jährige bereits mit Kindern im Alter zwischen drei und zwölf.

Aktuell ist er in der Svenska Skolan, der Schwedischen Schule in Wien, tätig. Davor lebte und unterrichtete der gebürtige Schwede, der "die Herausforderung mag", in Madrid. "In jedem Land gibt es eigene Vorstellungen, eigene Erwartungen an Kindergarten und Schule und die Leute, die dort arbeiten. Es ist spannend, sich immer neu darauf einzustellen", sagt Svensson.

Schlechtes Gehalt schreckt ab

Derzeit gibt es in Wien 85 Kindergartenpädagogen. Ihnen stehen rund 3500 Kinderpädagoginnen gegenüber. In Schweden, wo Svensson auch studiert hat, sei das Berufsbild bereits umgezeichnet. "An meiner Uni war das Geschlechterverhältnis fast ausgeglichen." Dass ein Mann den Job anders oder gar schlechter oder besser machen könnte, ist für ihn daher nicht nur ausgeschlossen, sondern scheint fast schon ein Affront.

Auch in Österreich, findet Svensson, sollte es mehr Kindergartenpädagogen und Volksschullehrer geben. "Kinder sollen Frauen und Männer in vielfältigen Rollen erleben." Was hält seiner Meinung nach Männer von diesem Berufsfeld fern? "Das schlechte Gehalt. In Schweden dauert die elementarpädagogische Ausbildung länger. Dementsprechend ist der Lohn auch höher."

Thema der Woche

Svenssons Arbeitstag beginnt zwischen acht und neun Uhr und endet entweder um 15 oder um 17 Uhr. "Die Arbeitszeiten sind flexibel, das finde ich gut."

Und die Aufgaben? Meist lässt der Pädagoge die Kinder bis zur Mittagspause "frei spielen". "Mindestens eine Stunde oder sogar zwei verbringen wir pro Tag auch draußen, auf dem Spielplatz oder im Wald", sagt Svensson.

Jede Woche bearbeitet er mit den Kindern ein ausgewähltes Thema, "das jede Woche ein anderes sein kann". Die Kinder sind gefordert, es sich selbst auszusuchen. "Sie dürfen fragen, was immer ihnen in den Sinn kommt."

Svenssons Highlights bis jetzt: Gibt es eigentlich Schnee in Afrika? Und: Warum haben Legomännchen keine Nase? "Wenn das Thema ausgewählt ist und die Fragen gestellt sind, dann müssen die Kinder eine Woche lang alle Hebel in Bewegung setzen, um Antworten zu finden. Sie führen Interviews, recherchieren in Büchern, führen Experimente durch. Wir gehen mit ihnen ins Museum oder schauen uns in der Umgebung um. Das begeistert sie total."

Nur positive Reaktionen

Diese Motivation, diese kindliche Neugierde sei es auch, die ihn an seiner Arbeit fasziniert. "Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass sich das menschliche Gehirn im Alter zwischen drei und fünf Jahren am meisten verändert. Du kannst Kindern so viel beibringen. Wenn du einen Fünfjährigen schreiben lehren willst, wirst du das schaffen, wenn sein Interesse geweckt ist. Und kannst dabei den Prozess beobachten", sagt Svensson. "Ich glaube nicht, dass es irgendeine Aufgabe, irgendeinen anderen Job gibt, der einem so viel zurückgibt."

Und ob er als Mann in einer Frauenbranche manchmal mit Vorurteilen zu kämpfen hat? "Nein", sagt Svensson. Bisher habe es noch keine Reaktionen gegeben, außer die des alten Mannes im Türkenschanzpark, und selbst die sei "wirklich positiv" gewesen: "Er war richtig beeindruckt, das war cool." (Lisa Breit, 22.6.2015)