Begleiten Kollegen wie Dan Stuart oder Robyn Hitchcock als Back-Up-Band: Sacri Cuori. Auf ihrem neuen eigenen Album würdigt die Band nebst Ennio Morricone auch unkekanntere Filmkomponisten.

Foto: Pietro Bondi

Wien – Die Herren von Sacri Cuori sehen nicht nur so aus, als seien sie einem Italo-Western entflohen, sie klingen auch so. Mit ihrem Anführer, dem Gitarristen und Produzenten Antonio Gramentieri, hat sich die Band an einem imaginären Ort angesiedelt, an dem Italien an Arizona und Mexiko grenzt.

Ihre Sporen verdienten sich die aus der Romagna stammenden Musiker, die sich gern als Bastarde von Federico Fellini bezeichnen, vor allem als Begleiter von international bekannten Kollegen wie dem Australier Hugo Race oder dem britischen Singer-Songwriter Robyn Hitchcock. Mit Dan Stuart, dem einstigen Frontman der Americana-Pioniere Green On Reed, überzeugten Sacri Cuori auch schon in Wien als formidable Back-up-Band.

Setzte die Formation bei ihren bisherigen Veröffentlichungen unter eigenem Namen vor allem auf Instrumentalstücke, ist auf dem jüngsten Album vermehrt für Stimmen Platz: Mit Gastvokalisten und kurzen Sprecheinsprengseln wird auf Delone (Glitterbeat/Hoanzl) die goldene Zeit italienischer Soundtracks der 60er- und 70er-Jahre beschworen. Dabei wird nicht nur Ennio Morricone und Nino Rota, den Riesen unter den italienischen Filmkomponisten, Reverenz erwiesen.

Video zum Titelsong "Delone".
GlitterbeatTV

Schließlich hat auch ein Piero Umiliani vorgemacht, wie gut sich Instrumentals durch Nonsensgesang aufjazzen lassen – mit dem 1968 für die Erotik-Doku Schweden – Hölle oder Paradies? komponierten Mah Nà Mah Nà etwa, das durch die Muppet Show zum Welthit wurde.

Vom Jazz zum Film

Gemeinsam ist Umiliani und Kollegen wie Armando Trovajoli, Piero Piccioni oder Riz Ortolani, dass sie ihre Karrieren in der Jazzszene im Italien der Nachkriegszeit starteten, um dann ihre betörendsten Kompositionen für Filme wie Cannibal Holocaust oder Mondo Cane abzulieferen. Nicht zu überhören sind Spuren ihrer Musik in leicht vor sich hinfedernden, zum Mitwippen verleitenden Sacri-Cuori-Instrumentals wie La Marabina und Madalena oder der Musikkomik von El Comisario.

In jene dunklen Bezirke, in denen der Film noir anzusiedeln ist, führt der Song Dancing (On The Other Side Of Town), geraunt von Carla Lippis. Die italienische Sängerin, die von ihren Landsmännern in Australien entdeckt und nach Italien zurückgeholt wurde, leiht auch zwei weiteren Stücken ihre Stimme. Darunter dem Titelsong, der mit an Morricone gemahnender Pfeifkunst und Chor einen wunderbaren Sommerhit abgeben würde.

Surf-Gitarren und Gesang

Mit Lippis im Duett zu hören ist Giant-Sand-Mastermind Howe Gelb, dessen lakonischer Sprechgesang dem Gainsbourg-Tribute Serge eine unheimliche, leicht irre Note verleiht. Recht unaufdringlich fügen sich Musiker wie Sonic-Youth-Drummer Steve Shelley oder Evan Lurie von den Lounge Lizards in den Gästereigen. Gitarrenexzentriker Marc Ribot ist endlich wieder einmal als Vertreter der Neigungsgruppe Surf Music zu hören und läuft zur Hochform auf. Band-Chef Gramentieri, selbst ein Meister von knochentrockenen ebenso wie mit Hall getränkten Gitarrenklängen, erweist sich als kongenialer Sparringspartner. Und verbeugt sich mit dem Instrumental Billy Strange vor einem vergessenen, aber verdienten Gitarrenhelden, dessen Tremoloklänge einst von den Beach Boys bis zu Nancy Sinatra zu hören waren.

Das Schöne an Delone ist, dass das Album eben alles andere als eine reine Angelegenheit für Gitarren-Aficionados ist. Auch ohne die Spurensuche nach Referenzen lässt sich die Musik von Sacri Cuori als kurzweilige Reise durch imaginierte Filme genießen. Am Ende wird man melancholisch in die heiße Sommernacht entlassen: Dirsi addio a Roma. (Karl Gedlicka, 24.6.2015)