The Orb – Moonbuilding 2703 AD (Kompakt)

Foto: Kompakt

Alex Patterson und Thomas Fehlmann produzieren seit den 1990er-Jahren honigkuchenfarbene, aus süßen, fluffigen Schäfchenwölkchen, zartem Windgebäck und dem Monatsbedarf Kiff eines in den jamaikanischen Blue Mountains sitzenden Rastafaris bestehende Musik für jene Phasen im Leben, in denen schon alles zu spät ist. Wenn man auf die Uhr schaut, hat man den neuesten DJ im Club verpasst, aber die erste U-Bahn geht noch nicht.

Man ist zu spät zum Flieger nach London gekommen, weil man für den Frühflug extra durchgemacht hat, um ihn nicht zu verpassen, ist dann aber am Flughafen im Café eingeschlafen. Man hat den Lottoschein mit dem richtigen Vierertipp nicht abgegeben. Man hat zu tanken vergessen, was blöd ist, weil das im Waldviertel ein ordentlicher Hatscher zur nächsten Tankstelle werden wird, aber halt, ist eh sinnlos, Sonntag hat sie ja zu.

The Orb sind all das – und sie vereinigen dabei auf durchaus menschenfreundliche Art die kosmischen Völlegefühle Pink Floyds mit der spinnerten Dub-Forscherei eines Lee Scratch Perry. Alles geschieht innerhalb des gut funktionierenden Modells lascher House-Musik. Das neue Album Moonbuilding 2703 AD bietet auf vier jeweils gut zehnminütigen Tracks genau diese alten Qualitäten.

Los geht es mit einem schönen Sample: "First, God does not exist. But don't worry, what does exist is good." Man hört dazu verschlurften Ambient House in edlem Klanggewand. Gekrönt wird der Track dann mit dem schockierenden Satz: "If you believe in evil, then you probably need a whack on the back of the neck with a big fucking stick." Da reißt es selbst den härtesten Kiffer aus seinem Marihuana-Phlegma. The Orb sind nämlich schon auch heimliche Anarchisten. (schach, Rondo, 3.7.2015)