Sousse/Tunis/Wien – Sechs Tage nach dem Anschlag in einem tunesischen Badeort haben die Sicherheitsbehörden nach eigenen Angaben vom Donnerstag acht Verdächtige mit "direkter Verbindung" zu dem Angriff festgenommen. Bereits am Mittwochabend hatte ein tunesischer Politiker von zwölf Verhafteten berichtet. Zudem verfolgten die Behörden zwei Jihadisten, die in einem Camp in Libyen ausgebildet worden sein sollen.

Unterdessen werden niederländische Touristen aus dem nordafrikanischen Urlaubsland ausgeflogen. Das niederländische Außenministerium hatte zuvor von Reisen nach Tunesien abgeraten. Das österreichische Außenministerium hat demgegenüber eine "partielle Reisewarnung" für das Urlaubsland ausgesprochen.

"Gesamtes Netzwerk"

Von den acht Verdächtigen – sieben Männern und einer Frau – mit "direkter Verbindung" zu dem Anschlag berichtete Minister Kamel Jendoubi, der nach den Anschlägen den Vorsitz über den einberufenen Krisenstab übernommen hatte, am Donnerstag in Tunis. Das "gesamte Netzwerk" hinter dem Attentat sei enttarnt worden, sagte er bei der ersten offiziellen Pressekonferenz zum Stand der Ermittlungen seit dem Attentat.

Am späten Mittwochabend hatte bereits ein anderer Regierungsvertreter, Lazhar Akremi, von zwölf Festnahmen seit Freitag im Zusammenhang mit dem Anschlag gesprochen. Ob sich die acht Verdächtigen mit "direkter Verbindung" unter jenen zwölf Festgenommenen befinden oder sich die Gesamtzahl der Verhafteten nun erhöht hat, war zunächst unklar.

Schweigeminute

Nach Angaben Jendoubis sind an den Ermittlungen auch britische Sicherheitsexperten beteiligt. Unter den 38 in Sousse getöteten Touristen waren 30 Briten, wie der britische Außenminister Philip Hammond am Donnerstag offiziell bestätigte. Am Freitag, genau eine Woche nach den Anschlägen, soll nach Angaben Hammonds um zwölf Uhr mittags in Großbritannien und allen britischen diplomatischen Vertretungen weltweit mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht werden.

Ein tunesischer Student hatte am Freitag in Port El Kantaoui nahe Sousse 38 Menschen erschossen, bevor ihn Sicherheitskräfte töteten. Ob weitere Bewaffnete in den Anschlag involviert waren, ist weiterhin unklar. Während Tunis von einem Angreifer spricht, gibt es Augenzeugenberichte, in denen von mindestens zwei Attentätern die Rede ist. Unklarheit herrscht nach wie vor auch über die Dauer des Attentats. Die Angaben verschiedener Berichte schwanken zwischen fünf Minuten bis hin zu einer Stunde. Im März hatten bewaffnete Terroristen bei einem Anschlag auf das Bardo-Museum in Tunis 21 Menschen getötet, bevor beide selbst erschossen wurden.

Akremi hatte am Mittwochabend auch gesagt, dass Jagd auf zwei Personen gemacht werde, die gemeinsam mit dem Attentäter von Port El Kantaoui in einem libyschen Jihadistencamp trainiert hätten. "Das ist eine Gruppe, die in Libyen trainiert worden ist und die das gleiche Ziel verfolgte. Zwei haben das Bardo und einer Sousse angegriffen." Die Polizei verfolge nun zwei weitere Personen, so Akremi, der Minister für parlamentarische Beziehungen. Aus dem tunesischen Innenministerium hieß es am Donnerstag, im Zuge der Ermittlungen seien weitere Festnahmen möglich.

Mit dem Ausfliegen der Touristen aus Tunesien reagierten die niederländischen Reiseveranstalter auf eine dringende Reisewarnung des Außenministeriums der Niederlande, sagte ein Sprecher der Reiseorganisation Thomas Cook am Donnerstag der Nachrichtenagentur ANP. Das Außenministerium hatte zuvor vor Reisen in das arabische Land gewarnt. "Es kann neue Anschläge geben, auch gegen Touristen und Bürger des Westens." 275 niederländische Urlauber sollten noch am Donnerstagabend mit einer Maschine der deutschen Fluggesellschaft Condor in Amsterdam landen.

Das österreichische Außenministerium sprach eine "partielle Reisewarnung" für Tunesien aus. "Es wird dringend empfohlen, sich über die Sicherheitslage vor Ort genauestens informiert zu halten und den Anweisungen der Hotels, Reiseveranstalter und der Sicherheitsorgane unbedingt Folge zu leisten", hieß es am Donnerstag auf der Homepage des Ministeriums. (APA, 2.7.2015)