Wer hat die Boeing 777 im Juli 2014 über der Ostukraine abgeschossen? So viel ist klar: Selbst der Abschlussbericht wird die Debatte zwischen Russland und dem Westen über den Schuldigen nicht beenden.

Die Niederlande haben nämlich inzwischen den vorläufigen Abschlussbericht an Russland geschickt. Innerhalb von 30 Tagen soll Moskau Stellung zu dem Dokument nehmen, Fragen und Kommentare an die internationalen Experten richten. Die Details des Berichts sind noch unbekannt, die russische Reaktion dafür umso vielsagender: "Es gibt mehr Fragen als Antworten", kritisierte Oleg Stortschewoi, stellvertretender Chef der russischen Luftfahrtbehörde Rosaviazija. Der russische Beamte sprach von einer Reihe an "inhaltsschweren Kritikpunkten". Diese beträfen das Dokument selbst, die Argumentation und angeführte technische Daten, fügte er hinzu.

Zwei Versionen Moskaus

Laut Stortschewoi sollen die Vermerke russischer Luftfahrtspezialisten in den nächsten Tagen an die Niederlande übergeben werden. Im Gegensatz zum offiziellen Untersuchungsbericht kursiert Moskaus These über die Schuld der Ukraine am Absturz der malaysischen Boeing schon lange in der Öffentlichkeit.

Freilich gibt es noch zwei Versionen: Entweder wurde das mit 298 Passagieren vollbesetzte Flugzeug von einer ukrainischen Luftabwehrrakete des Typs Buk abgeschossen oder von einem Kampfflugzeug. Die Unzufriedenheit der russischen Führung mit dem offiziellen Bericht deutet darauf hin, dass er keine der beiden Thesen stützt.

Internationales Tribunal

Streit gibt es auch um die Schaffung eines internationalen Tribunals zum Abschuss. Die Initiative wurde von niederländischer Seite eingebracht. Ein UN-Gerichtshof sei die beste Variante. "Wir glauben, dass er es am besten schafft, alle interessierten Seiten zur Kooperation zu bewegen", wurde ein niederländischer Beamter zitiert.

In Malaysia stieß die Idee auf Zuspruch: Das Land unterrichtete den UN-Sicherheitsrat über seine Unterstützung für einen internationalen Gerichtshof. Er erhoffe sich davon eine schnelle Aufklärung des Unglücks, erklärte Malaysias Verkehrsminister Liow Tiong Lai.

Das russische Außenministerium allerdings hat sich dagegen ausgesprochen. Vizeaußenminister Gennadi Gatilow nannte die Idee "unzeitgemäß und kontraproduktiv". Ohne Russlands Unterstützung im Sicherheitsrat wird es kein Tribunal geben. (André Ballin aus Moskau, 3.7.2015)