Antibabypille ist nicht gleich Antibabypille. Zwischen älteren und neueren Generationen gibt es Unterschiede bei den möglichen Nebenwirkungen.

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Die Antibabypille ist seit 1960 auf dem Markt. Seither sind immer wieder Präparate in veränderter Zusammensetzung zugelassen worden: Man unterscheidet mittlerweile vier sogenannte Pillen-Generationen. Der Begriff impliziert aber nicht, dass die jüngeren Generationen ein Fortschritt sind.

Pillen der 3. und 4. Generation sind riskanter. Sie lösen im Vergleich zu den älteren öfter lebensbedrohliche Thrombosen und Embolien aus. So argumentiert das Medizin-Verbraucherportal Gute Pillen − Schlechte Pillen und erklärt, woran das liegen könnte.

Gestagengehalt entscheidend

Viele Frauen verhüten mit hormonhaltigen Antibabypillen, denn die verhindern eine Schwangerschaft sehr zuverlässig. Die meisten dieser verschreibungspflichtigen Präparate enthalten als Wirkstoffe ein Östrogen und ein Gestagen. Für solche Kombinationspräparate ist bekannt, dass sie Blutgerinnsel und Embolien auslösen können. Aber vom jeweiligen Gestagenbestandteil hängt ab, wie hoch das Risiko ist.

Das Gestagen variiert in den Pillen: Pillen der zweiten Generation enthalten zum Beispiel Levonorgestrel, Pillen der dritten und vierten Generation hingegen Gestagenvarianten wie Drospirenon oder Desogestrel. Das postulierte Problem: Diese neueren Verhütungspillen sind nicht nur oft teurer, sondern aufgrund des Gestagens risikoreicher als Präparate mit Levonorgestrel.

Thrombosen und Embolien können bis zu doppelt so häufig vorkommen, wie in Studien festgestellt wurde. Deshalb haben die Behörden entsprechende Hinweise in die Produktinformation aufnehmen lassen. Dennoch werden Pillen der dritten und vierten Generation nach wie vor am häufigsten verordnet.

Intensive Diskussion

In französischen Medien wurde intensiv über die Gefahren der Pillen und die damit verbundenen Todesfälle berichtet. Aufgrund der Bedenken werden in Frankreich die Kosten für Pillen der dritten und vierten Generation nicht mehr von den Krankenversicherungen erstattet. Ein Schritt mit Folgen: 2013 wurden diese Präparate dort nur noch halb so oft verordnet wie 2012.

Gleichzeitig standen häufiger risikoärmere Levonorgestrel-haltige Präparate sowie Spiralen und Implantate auf dem Rezept von Frauen, die aktuell kein Kind möchten. "Parallel zu diesen Umschichtungen ging in Frankreich die Häufigkeit von Klinikeinweisungen von Frauen zwischen 15 und 49 Jahren deutlich zurück", betont der Arzt und Apotheker Wolfgang Becker-Brüser.

Gegenposition

"Damit auch in Deutschland Frauen besser vor den riskanten Pillen der 3. und 4. Generation geschützt werden, sollten diese – wenn überhaupt – nur noch im begründeten Ausnahmefall verordnet werden dürfen."

Diese Argumentation kann Christian Fiala, ärztlicher Leiter des Wiener Ambulatoriums für Schwangerschaftsabbbruch und Familienplanung "Gynmed" nicht teilen: "Die vergleichsweise sehr seltenen Nebenwirkungen sollen keineswegs ignoriert werden, müssen jedoch der real existierenden Alternative häufiger Schwangerschaften, beziehungsweise anderen – meist weniger wirksamen –Verhütungsmethoden gegenüber gestellt werden."

Nach Ansicht des Mediziners weisen die Pillen der neueren Generationen insgesamt weniger Nebenwirkungen auf als die älteren Präparate. "Sie führen kaum zu einer Gewichtszunahme und werden gerade deshalb häufig an übergewichtige Frauen verschrieben. So erklärt sich auch das etwas höhere Thromboserisiko in den Studien: Nicht weil die neueren Pillen gefährlicher wären, sondern weil die neuen Pillen öfter an Frauen verschrieben wurden, die aufgrund anderer Risikofaktoren, wie Übergewicht, ein erhöhtes Risiko für Thrombosen haben", gibt Fiala zu bedenken.

Von einem kausalen Zusammenhang zwischen den neueren Pillen und Thrombosen könne demnach nicht gesprochen werden. (red, 20.7.2015)