Bild nicht mehr verfügbar.

Seilspringen ist anstrengend, wenn es – wie hier von einem Boxer – richtig gemacht wird.

Foto: REUTERS/Esam Al-Fetori

So geht Jumping.

Jumping Fitness (Official Page)

Die Kinder springen auf dem Trampolin im Garten, die Erwachsenen benutzen es im Fitnessstudio: "Jumping" gilt als neuer Trend – und es soll wahre Wunder wirken: Angeblich ist Trampolinspringen um 70 Prozent effektiver als Joggen, überflüssige Kilos sollen dabei nur so purzeln.

Josef Niebauer, Vorstand des Salzburger Universitätsinstituts für präventive und rehabilitative Sportmedizin, steht solchen Behauptungen kritisch gegenüber: "Da werden immer Äpfel mit Birnen verglichen", sagt er. Denn es komme immer darauf an, mit welcher Intensität gesportelt wird. Und dass die Eltern plötzlich die Spielgeräte ihrer Kinder kapern, um darauf ihr tägliches Workout durchzuführen, bezweifelt er.

Im Fitnessstudio ist das Workout zwischen Schwerkraft und Schwerelosigkeit aber beliebt: Trainiert wird auf kleinen Trampolinen mit einer Haltestange, die bei allzu wilden Sprüngen zum Stabilisieren dienen soll. Die heutige "Jumping"-Einheit in einem Fitnessstudio im 3. Bezirk in Wien ist ausgebucht: Zehn Frauen unterschiedlichen Alters – und unterschiedlicher Fitnesslevel – haben sich eingefunden.

"Heute wird es anstrengend", kündigt die Trainerin an. Ein Handtuch und ausreichend Wasser seien für das Workout unbedingt nötig, erklärt sie Neuankömmlingen. Dann dreht sie wummernde Partymusik auf und versucht sogleich, diese mit ihren Anweisungen zu übertönen: Unterschiedliche Sprünge, Schritte und Bewegungskombinationen müssen nun eine Stunde lang auf dem Trampolin durchgeführt werden. Pause gibt es keine.

Hochintensives Training

Das Workout ist schweißtreibend. Das bestätigt auch Robert Fritz von der Sportordination in Wien: "Man kann so innerhalb sehr kurzer Zeit ein sehr effektives Workout absolvieren." Beim Springen werden Koordination und Balance geschult – und dabei die Gelenke geschont, sagt Niebauer. Außerdem werden Kreislauf und Stoffwechsel angekurbelt. Auch für sicheres, unfallfreies Gehen sei das Trampolinspringen förderlich. "Das sind Bewegungsformen, die man im Alltag nie macht", sagt der Experte. Auf hartem Boden wären viele der Sprünge schmerzfrei gar nicht möglich.

Die Übungen, die auf dem Trampolin durchgeführt werden, sehen ein wenig anders aus als die Sprünge der Kinder auf dem Trampolin im Garten. Es geht weniger darum, besonders hoch zu springen (dafür ist der Raum im Fitnessstudio auch gar nicht hoch genug), sondern stattdessen mit einer möglichst hohen Frequenz. Ganz wichtig: dabei die Knie anwinkeln. Das ist schwieriger als erwartet. Ein Blick in den Spiegel beweist: So leichtfüßig, wie sich das anfühlt, sieht es nicht bei allen aus.

Das Workout ist besonders anstrengend für den Rücken, der trotz eines wilden Vor und Zurück und Auf und Ab immer stabil und aufrecht bleiben muss – ein Eindruck, der sich auch am nächsten Tag durch einen Muskelkater bestätigen wird. Wer trotz ständiger Anfeuerungsrufe der Trainerin – und ekstatischer Schreie manch anderer Teilnehmerin – nicht mehr kann, der wippt locker auf dem Trampolin auf und ab.

Hightech-Seilspringen

Auch dem Seilspringen wird Wundervolles zugeschrieben: 400 Kalorien werden angeblich in einer halben Stunde verbrannt – mehr also als beim Joggen. Das Seil gibt es mittlerweile in einer Hightech-Version, es ist mittels Bluetooth mit dem Handy verbunden, jeder Sprung wird mitgezählt – und die Kalorien, die verbrannt werden.

Sportliches Seilspringen findet Niebauer gut, er verweist aber auch dabei auf die unterschiedlichen Belastungsintensitäten, die es gibt: Swing-Jumps, Side-Jumps oder Sprünge, bei denen das Seil während eines Sprunges zwei- oder sogar dreimal unter den Füßen durchgeschlagen wird, sind möglich – zumindest theoretisch.

Denn bis dahin ist es ein weiter Weg, das Seilspringen eine koordinative Herausforderung. "Wenn jemand das effizient macht, dann hat das kaum einen negativen Impact auf den Bewegungsapparat", sagt Fritz. Anfänger machen aber oft zu hohe Sprünge, was sich negativ auf die Gelenke auswirken kann. Niebauer empfiehlt, die Knie beim Springen leicht anzuwinkeln und auf den Ballen zu landen. Muskulatur und Knochen werden beim Hüpfen jedenfalls gefordert, was Osteoporose vorbeugt.

Abwechslung wichtig

Egal, wie man zu Fitnesstrends steht – Abwechslung ist grundsätzlich immer gut, sagt Niebauer: "Denn wenn man ein Leben lang Sport treiben will, dann wird es irgendwann langweilig, immer nur die selbe Strecke zu laufen."

Bei Seil- und Trampolinspringen handelt es sich um ein hochintensives Workout, sagt Fritz: "Das sind gute Reize, die man miteinbeziehen soll und die den Körper leistungsfähiger machen. Aber man darf auch auf niedrige Intensitäten wie Walken, langsames Laufen oder Radfahren nicht vergessen." Etwa 60 bis 70 Prozent des Gesamttrainingsumfangs sollten diese Einheiten ausmachen, sagt Fritz.

Eines betonen jedenfalls nicht nur Experten, sondern wird auch beim Trampolintraining im Fitnessstudio deutlich: Springen macht Spaß und wirkt befreiend – und könnte für Untrainierte vielleicht der Einstieg in einen bewegteren Alltag sein. Wer aber Probleme mit dröhnender Partymusik hat, sollte sich Ohrenstöpsel mitnehmen – oder lieber doch in den eigenen vier Wänden Seil springen. (Franziska Zoidl, 20.8.2015)