Syriza ist tot, es lebe Syriza! Griechenlands radikale Linke, die auszog, die Kredithaie aus Europa zu jagen, hat sich nun selbst erlegt. Mit der Annahme des neuen Rettungskredits und seiner Sparauflagen ist das regierende Sammelbündnis von Marxisten, Trotzkisten und Reformkommunisten zerfallen. Über ein Viertel der Fraktion stellte sich gegen das Kreditabkommen. Doch Alexis Tsipras, der neue Sparmeister wider Willen, macht weiter. Griechenlands Premier stellt nun die Vertrauensfrage.

Die Pro-Kredit-Mehrheit im Parlament, links und rechts der Mitte, wird ihm auch über diese Hürde helfen, oder aber – was weniger wahrscheinlich ist – sofort Neuwahlen auslösen. Tsipras überlebt so oder so. Denn Syriza wird sich umwandeln zu einer Spar- und Kreditpartei mit sozialem Akzent, einer Sozialdemokratenpartei, die den europäischen Familientisch nicht länger schreckt. Die Syriza-Rebellen aber, die an den Wahlversprechen vom vergangenen Jänner festhalten, versinken in der Protestecke bei den Altkommunisten und den Faschisten.

Tsipras und seine Syriza 2.0 werden überleben, weil ihre Bocksprünge nur zu gut den Seelenzustand der Griechen widerspiegeln: im Euro bleiben, aber möglichst ohne Sparauflagen. Tsipras, der Selbstillusionist, der hart aufgeweckt wurde, ist immer noch vielen im Land sympathisch. Er wollte doch nur Gutes, heißt es, die Deutschen haben ihn in die Zange genommen, er hat sich wacker gewehrt. Tsipras ist keiner dieser Erfüllungspolitiker der vergangenen Krisenjahre, versucht die PR-Maschine von Syriza zu erklären, er ist ein Kämpfer, der zurückweicht, wenn es nötig ist, und wieder vorpreschen wird, wenn die Zeit dafür kommt.

Die Opposition ist schwach. To Potami, die liberale Bürgerbewegung des Ex-Fernsehjournalisten Stavros Theodorakis, in der viele den Koalitionspartner von Syriza sahen, hat sich über die Monate als vage, politisch leere Formel entpuppt. Pasok, die einstige große sozialistische Regierungspartei, ist auf wenige Stimmprozente reduziert; ihre Wähler sind bei Syriza. Nea Dimokratia schließlich, die konservative und größte Kraft der Opposition, hat nur einen Übergangsvorsitzenden und sucht sich nach den jüngsten Niederlagen noch selbst. Schnelle Neuwahlen noch im September oder Oktober sind für Griechenlands Opposition wenig attraktiv. Sie würden auch nur wieder neue Unruhe in Politik und Wirtschaft bringen.

Tsipras aber hat den einen Vorteil, den ihm die Opposition nicht nehmen kann: Er war nie ein Rädchen im alten Nepotismus- und Korruptionssystem. Und wer, wenn nicht Syriza, wäre willens, gegen die alten Cliquen in der griechischen Wirtschaft anzukämpfen? (Markus Bernath, 14.8.2015)