Wien – Die Dachverbände der österreichischen Behindertenvertreter haben am Montag einheitliche Regelungen zur Barrierefreiheit in ganz Österreich gefordert. Es gehe darum, die je nach Bundesland unterschiedlichen Standards beim Baurecht zu vereinheitlichen, hieß es auf einer Pressekonferenz. Außerdem warnten die Behinderten-Vertreter vor drohender Verschlechterungen beim Baurecht.

Österreich habe 2008 die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ratifiziert, sagte Martin Ladstätter, Obmann des BIZEPS-Zentrum für Selbstbestimmtes Leben. Leider sei die Konvention bis heute nicht umgesetzt worden, betonte er – vor allem auch beim Thema Barrierefreiheit. Er wies darauf hin, dass die Behindertenvertreter bisher an der Entwicklung einer Zielvereinbarung zur Umsetzung der UN-Konvention nicht eingebunden wurden, dies soll nun aber am 11. September durch ein Gespräch mit dem Sozialministerium stattfinden, gab der Dachverband bekannt.

Vorschriften könnten sich verschlechtern

Die Sorge der Behindertenvertreter gilt vor allem einer möglichen Verschlechterung der Vorschriften. Im März wurde die Neufassung der Richtlinien des österreichischen Insituts für Bautechnik (OIB Richtlinie 4) vorgelegt. Darin wurden Verweise auf jene Norm (ÖNORM B 1600) gestrichen, die die Grundlagen für barrierefreies Bauen festschreibt.

Ersetzt worden sei der Verweis durch Passagen, die eine korrekte Umsetzung von Maßnahmen für barrierefreies Bauen nicht gewährleisten, betonte Eringard Kaufmann, Generalsekretärin der Dachorganisation der Behindertenverbände Österreichs (ÖAR). Sobald die Länder die neue OIB-Richtlinie in ihren Baugesetzen übernehmen, wäre damit nur das barrierefrei, "was Bauherren für barrierefrei halten", sagte sie.

Klagen für Einzelpersonen nicht möglich

Daher fordere man Bund, Länder und Gemeinden dazu auf, ihre Anstrengungen zur Gestaltung eines "barrierefreien Österreichs" mit einheitlichen Standards auszubauen und aufeinander abzustimmen. Die OIB-Richtlinie müsse dafür genutzt werden, um dies durch österreichweit einheitliche Mindeststandards voranzutreiben.

Darüber hinaus forderten die Dachorganisationen, dass Menschen mit Behinderungen "frühzeitig in die Erarbeitung von Bestimmungen zur Barrierefreiheit" miteinbezogen werden. "Barrierefreiheit ist ein Menschenrecht", sagte Klagsverband-Generalsekretär Volker Frey. Er beklagte, dass es derzeit für Einzelpersonen nicht möglich sei, gegen diskriminierende Barrieren zu klagen. Daher müsse im Behindertengleichstellungsgesetz ein Anspruch auf die Beseitigung diskriminierender Barrieren eingeführt werden.

Auch SPÖ und Grüne für einheitliche Regeln

Sowohl SPÖ als auch die Grünen haben sich den Forderungen der Behinderten-Verbände hinsichtlich einer Vereinheitlichung von Vorgaben bei der Barrierefreiheit ausgesprochen. "Barrierefreiheit ist von großer Bedeutung, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können", sagte etwa SPÖ-Behindertensprecherin Ulrike Königsberger-Ludwig am Montag in einer Aussendung.

"Bundesweit einheitliche Regelungen sind wichtig, Bund, Länder und Gemeinden sind gefordert, hier keine Verschlechterungen zuzulassen", so die SP-Abgeordnete. Die Grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer zeigte sich ebenfalls verärgert über die unterschiedlichen Standards. Außerdem kritisierte sie, "dass die Bauordnungen Landessache sind und die Ö-Norm B 1600 für behindertengerechtes Bauen nur eine Kann-Bestimmung ist". (APA, 7.9.2015)