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Für das Haus der Geschichte in der Neuen Burg sollen auch die Stiegenaufgänge genutzt werden.

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Hochparterre: Vom zentralen Eingangsbereich können Besucher in alle untergebrachten Museen gelangen.

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Mezzanin: Die Sammlung Alter Musikinstrumente will man zum Teil im Zwischengeschoß unterbringen und neu aufstellen.

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1. Obergeschoß: Das Haus der Geschichte soll sich großteils über diese Flächen erstrecken. Der zentrale Balkon wird in das Konzept miteinbezogen.

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Axonometrie des Eingangs Heldenplatz.

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Wien – In koalitionärer Eintracht stellten Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP) am Mittwoch das wissenschaftliche Konzept für ein Haus der Geschichte (HGÖ) in der Neuen Burg vor. Das Langzeitprojekt, im vergangenen Jahr von Josef Ostermayer wiederbelebt, tritt damit in die heiße Phase ein.

Der Zeitplan sei "extrem ambitioniert", das wisse man, so Ostermayer, für die Eröffnung peile man dennoch weiterhin das 100-Jahr-Republiksjubiläum im November 2018 an. Mahrer, der im Sommer auch die Idee eines "Hauses der Zukunft" neben dem Ring ins Spiel brachte, wollte das nicht als Konkurrenzmodell verstanden haben. "Ostermayer und ich ziehen an einem gemeinsamen Strang", versicherte er. Ein "Haus der Zukunft" sei vielmehr ein "weiteres Leitprojekt für die Neugestaltung des Heldenplatzes".

Für Kulturminister Josef Ostermayer eine Herausforderung: der jährlich stattfindende Ball rechter Burschenschaften neben dem neuen Haus der Geschichte.
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Für das HGÖ hat ein international besetzter wissenschaftlicher Beirat unter dem Vorsitz des Zeithistorikers Oliver Rathkolb, aufbauend auf früheren Konzepten, eine 95-seitige Umsetzungsstrategie ausgearbeitet. Entstehen soll das Haus demnach auf einer Publikumsfläche von rund 3000 Quadratmetern in der Neuen Burg. 1700 sind für eine Dauerausstellung, 550 für wechselnde Sonderausstellungen im Obergeschoß vorgesehen. Auch die Stiegenaufgänge sollen für die Ausstellung bespielt werden.

Mitte 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart

"Im Zentrum steht die Auseinandersetzung mit den sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Lebenswelten in Österreich von Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart", ist in dem Konzept zu lesen. Das HGÖ werde museale Aufgaben erfüllen, aber auch sammeln und wissenschaftlich forschen.

Die Inhalte sollen dem Konzept nach längsschnittartig präsentiert werden: "Demokratieentwicklung und ihre Bruchlinien", "Kriege, Gewalt, Friedensbewegungen", zählen zu den ausgeführten Punkten. Der "österreichischen Identität" will man sich kulturhistorisch widmen, etwa mit einer Darstellung der "komplexen Hymnendebatte" der Zweiten Republik. Veranschaulicht werden sollen die Inhalte sowohl mit Objekten als auch durch multimediale Mittel .

Differenzen über Zwischenkriegszeit beigelegt

Die Zeit des austrofaschistischen Ständestaates (1934–1938) wird im Konzept als Zeit der "Kanzlerdiktaturen von Dollfuß und Schuschnigg" bezeichnet. Die historische Deutung der Zwischenkriegszeit hatte stets als Streitpunkt zwischen den Parteien gegolten. Es gebe hinsichtlich dessen aber keine Differenzen mehr, versicherte Ostermayer.

Oliver Rathkolb, als teilnehmender Zuhörer erschienen, ergänzte, dass solche Konflikte durchaus auch Eingang in die Ausstellung finden sollen. Die Umsetzungsstrategie betont den diskursiven Charakter des geplanten Hauses, Harald Mahrer sprach von einem "Verhandlungsort der republikanischen Demokratie".

"Wir wollen den Führerbalkon nicht mehr verstecken"

Rathkolb will zudem den Balkon, von dem Adolf Hitler 1938 den "Anschluss" verkündete, ins Konzept miteinbeziehen und ihn dadurch entmythifizieren. Er könne sich sogar vorstellen, dass Kuratoren am Tag des Akademikerballs Installationen dort anbringen.
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Synergien mit der Nationalbibliothek

Organisatorisch will man das Haus an die Nationalbibliothek andocken. "Damit nützen wir Synergien bei der Verwaltung", sagte Ostermayer. Inhaltlich und budgetär soll das HGÖ aber eigenständig sein, mit Direktor, Wissenschafts- und Publikumsbeirat.

Für den Architekturwettbewerb schwebt den Koalitionspartnern ein "innovativer Vorschlag" vor, der auch das im Austrofaschismus umfunktionierte Äußere Burgtor und jenen Balkon, auf dem Hitler 1938 den "Anschluss" verkündete, mit einbeziehen soll. Die Sammlung Alter Musikinstrumente, gegen deren drohende Absiedelung aus der Neuen Burg sich heftiger Widerstand regte, soll zugunsten des HGÖ neu aufgestellt werden: Sie wird von 1900 auf 1600 Quadratmeter verkleinert und auf zwei Geschoße verteilt.

Kostenschätzungen gibt es derweil noch nicht, die rechtlichen Rahmenbedingungen sollen bis Ende des Jahres mit einer Novelle des Bundesmuseen-Gesetzes geschaffen werden. (Stefan Weiss, 9.9.2015)