Bei zu langer Redezeit verteilt Peter den schwarzen Peter.

Foto: Neustart Schule / Alexander Killer

Wien – Der zwölfjährige Peter zeigt Georg Kapsch den schwarzen Peter. Der Chef der Industriellenvereinigung stoppt seine Rede für eine "Bildungsrevolution" und gibt an den nächsten Referenten weiter. Um die Vorschläge von 23 Rednern und Rednerinnen in einer Pressekonferenz unterzubringen, musste sich die Initiative "Neustart Schule" etwas einfallen lassen. Jeder darf – überwacht von Schüler und Schauspieler Peter – deshalb nur eine Minute lang sprechen. Wenn jemand zu lange redet, hält Peter eine Spielkarte mit dem schwarzen Peter hoch.

Die überparteiliche Initiative "Neustart Schule" wurde vergangenes Jahr von der Industriellenvereinigung gegründet. Am Dienstag präsentierte die Plattform gemeinsam mit 22 anderen Interessenvertretern, Bildungsinitiativen und Nichtregierungsorganisationen ihre Vorschläge für eine Bildungsreform. Kleinster gemeinsamer Nenner: mehr Autonomie, eine schlanke Schulorganisation und eine Aufwertung der Elementarpädagogik. Gemeinsam wollen die Organisationen vor der geplanten Verkündung der Schulverwaltungsreform am 17. November Druck auf die Regierung ausüben.

"Überverwaltet und verpolitisiert"

"Das System ist überverwaltet und verpolitisiert", sagte Kapsch. Um die Schulverwaltung zu modernisieren, schlägt die Initiative etwa vor, dass sich die Schulleitungen ihr Personal selbst aussuchen können sollen. Die Finanzierung der Schulen soll über ein Pro-Kopf-Budget erfolgen und nicht mehr über den Finanzausgleich mit den Ländern. Überhaupt wollen die Organisationen die Entmachtung der Länder. Der Bund soll allein für die Gesetzgebung und deren Ausführung zuständig sein, Bildungsziele vorgeben und einen Qualitätsrahmen für alle Schulen erstellen. Auch für die Kindergärten soll dem Konzept zufolge nur mehr der Bund zuständig sein.

Judit Marte-Huainigg, bei der Caritas zuständig für Bildungspolitik, führte aus, warum die Finanzierung des Schulsystems derzeit ihrer Ansicht nach nicht funktioniere. "Wenn du eine Sandburg bauen willst, und du führst einen Sack mit Sand zu deiner Burg, und dieser Sack hat Löcher, dann wirst du am Ende deines Weges zu wenig Sand für die Burg haben." Genauso sei es im Schulsystem. "Das Geld geht auf die Reise, aber landet in diversen Amtsstuben, und am Schulstandort kommt zu wenig an." Deshalb müsste man die Schulträger direkt finanzieren.

Finanzierung pro Kopf

Hier orientiere sich die Plattform am niederländischen Modell, wo die Schulen anhand eines Sozialindex' Geld pro Schüler bekommen, erklärte Michael Landertshammer, Leiter der Abteilung für Bildungspolitik in der Wirtschaftskammer.

In seiner Funktion als Präsident des Hilfswerks unterstützt auch Othmar Karas, Delegationsleiter der ÖVP-Abgeordneten im EU-Parlament, die Initiative. Die ideologische Debatte müsse beendet werden, sagt er. "Es muss auch die Debatte darüber, welcher Landeshauptmann in der Bildungsgruppe sitzt, beendet werden." Erst kürzlich sind die Landeshauptmänner Erwin Pröll (ÖVP) und Hans Niessl (SPÖ) aus jener Arbeitsgruppe ausgestiegen, die sich um die Schulverwaltungsreform kümmern soll.

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat in einer Stellungnahme die Vorschläge der Initiative begrüßt. "Auch für mich ist ganz klar, dass verflochtene Zuständigkeiten entwirrt werden müssen und ein Paradigmenwechsel im Schulsystem erfolgen muss." Durch mehr Entscheidungsgewalt am Schulstandort könne auch eine Qualitätssteigerung gelingen. "Wir sind gemeinsam auf einem guten Weg in Richtung 17. November." (Lisa Kogelnik, 15.9.2015)