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Veröffentlicht mit "Crosseyed Heart" sein erstes Soloalbum seit 23 Jahren: Keith Richards.

Foto: AP/John Bazemore

Keith Richards: "Crosseyed Heart" (Virgin)

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Schön sind sie nicht mehr, aber, weiß Gott, sie haben ja einiges erlebt. Betrachtet man Keith Richards’ Hände auf dem Cover seines Albums Crosseyed Heart, kommt einem die Vergänglichkeit in den Sinn. Der schon länger als vielfaltiger Gitarrist apostrophierte Rolling Stone hat wieder ein Soloalbum gemacht. Ohne das singende Magermodel, mit dem er sich sonst seit über 50 Jahren herumschlägt. Es ist erst sein Drittes, ganze 23 Jahre ist es schon wieder her, seit er sich für eine Soloarbeit bemüht hat.

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Crosseyed Heart ist ein Bluesalbum geworden. Das überrascht niemanden, ohne den Blues hätte es die Stones nie gegeben. Richards ist 71 Jahre alt. Das ist ein gutes Alter für so ein Bluesalbum, und die Songtitel lesen sich entsprechend autobiografisch: Heartstopper, Amnesia, Blues in the Morning und allen voran Substantial Damage. Das klingt tatsächlich, als hätte er während des Studiums für sein Album Jon Spencer und dessen Blues Explosion gehört, wenngleich es nicht dessen Geschwindigkeit strapaziert. Richards muss sich nicht mehr beeilen, er kennt ja alles schon.

Amnesia stampft ein wenig fantasielos, aber gerade wenn man befürchtet, dass er gleich bei Bon Jovis Konvoi andockt, spielt er ein dreckiges Solo, macht Bläsern Platz und lässt das Piano eine hübsche Damenstimme tragen. Gerettet. In Balladen wie Robbed Blind atmet er durch, lässt eine Pedal-Steel-Gitarre greinen und irgendeinen Knecht die Akustische zupfen. Hübsch.

Alte Liebe

Einer anderen alten Liebe, dem Reggae, zollt er mit dem knieweich gerauchten Ständchen Love Overdue Respekt, zu den Höhepunkten des Albums gehört es nicht. Man kann das als Verweis auf seine Vielfältigkeit sehen, neben erwähnter Vielfaltigkeit. Klassisch wird er, wenn er Leadbellys herzgekränkten Schunkler Goodnight, Irene interpretiert. Im finalen, von Hammondorgel und Bläsern in den Soul und die dunklen Gassen von New Orleans überführten Lover’s Plea erinnert er gar an den großen Willy DeVille – einen dahingegangenen Wesensverwandten, der sich leider die Ärzte nicht leisten konnte, die Richards’ Gesundheit so vorbildlich überwachen. (flu, Rondo, 18.9.2015)