Florenz – Wer saß zwischen 1503 und 1506 Modell für das berühmteste Gemälde der Welt? Über die Person, die Leonardo da Vincis "Mona Lisa" darstellen könnte, wird bereits seit Jahrhunderten gerätselt. Eine der Thesen zur "La Gioconda" (die Heitere), wie das Bild auf Italienisch heißt, hat Spekulationen über da Vincis Homosexualität zur Grundlage. Die Anhänger dieser Variante glauben, das Gemälde zeige Gian Giacomo de Caprotti, einen Jungen, der dem Künstler als Modell und Assistent diente, und den er später adoptierte.

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Einige vermuten sogar, bei der "Mona Lisa" handelt es sich um ein Selbstporträt Leonardo da Vincis.
Foto: APA/EPA/ANSA

Ernsthaft ins Auge gefasst wird auch Pacifica Brandani, eine Geliebte von Giuliano II. de’ Medici. Die aber wahrscheinlichste Kandidatin heißt Lisa Gherardini und war die dritte Gemahlin des Florentiner Händlers Francesco del Giocondo. Dass Leonardo da Vincis den Auftrag erhalten hatte, ein Porträt von dieser Frau zu malen, ist mehrfach in Dokumenten belegt. Auch würde dieses Gemälde in die Entstehungszeit der "Mona Lisa" passen. Für eine eindeutige Zuordnung fehlte allerdings bisher der letzte Beweis.

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Forscher nehmen Proben aus dem Familiengrabmal der del Giocondos. Ein DNA-Vergleich sollte Lisa Gherardinis Gebeine im Konvent di Santa Orsola eindeutig identifizieren.
Foto: REUTERS/Stefano Rellandini

Spurensuche in einem Konvent

Diesem sind nun bereits seit 2011 italienische Wissenschafter in einem Konvent in Florenz auf der Spur. Nach dem Tod ihres Gatten Francesco zog sich die Witwe del Giocondo in das Frauenkloster Monastero di Santa Orsola zurück, wo sie 1542 auch starb. Die sterblichen Überreste der Frau würden einen bedeutenden Schritt zur Lösung des "Mona-Lisa"-Rätsels bedeuten, glauben die Forscher um Silvano Vinceti. Ein DNA-Vergleich mit Proben aus den Gräbern ihrer Kinder sollte sicherstellen, dass es die Forscher auch wirklich mit den Gebeinen der Medici-Witwe zu tun haben.

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Forschungsleiter Silvano Vinceti hoffte, im Monastero di Santa Orsola auf gut erhaltene Überreste von Lisa Gherardini zu stoßen.
Foto: AP Photo/Francesco Bellini

Die Wissenschafter hatten es vor allem auf den Schädel von Lisa Gherardini abgesehen. Dieser sollte als Basis für eine Gesichtsrekonstruktion dienen, die man dann mit dem Gemälde vergleichen könnte – so zumindest die Hoffnung der Experten. Diese hat sich nun vermutlich endgültig zerschlagen: Bei den jahrelangen Ausgrabungen wurden zwar mehrere zum Teil gut erhaltene Skelette gefunden, diese aber mussten aufgrund der Altersbestimmung als Knochen von Gherardini ausgeschieden werden.

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Die im Konvent freigelegten Skelette kamen nach der Altersbestimmung nicht als Gebeine von Lisa Gherardini in Frage.
Foto: APA/EPA/MAURIZIO DEGL' INNOCENTI

Nichts als Knochensplitter

Die einzigen entdeckten Überreste, die aufgrund ihres Alters in Frage kommen, waren einige kleine Knochensplitter. "Diese stammen wahrscheinlich von Gherardini", meinte Vinceti. Doch für einen beweiskräftigen Gentest sei kein brauchbares Material mehr vorhanden, ganz zu schweigen von einer Gesichtsrekonstruktion. Damit dürfte auch die Frage, wer auf da Vincis "Mona Lisa" zu sehen ist, vorerst ohne eindeutige Antwort bleiben. (red, 25.9.215)