Was zählt, das liegt dazwischen, was dazwischen liegt, das zählt: ganz Wien! Es geht um die Menschen, heißt es – offiziell zumindest ... Und um die Metamorphosen der Stadt.

Foto: Die drei Wien-Bücher fotografierte, bei einer Tasse "Wiener Gold", Heidi Seywald.

Wie schön wäre Wien ohne Wiener, sang dereinst Meisterzyniker Georg Kreisler. Na ja, wie sich das mit dem Taubenvergiften im Park, mit der Blume aus dem Gemeindebau, mit Nekrophilie am Zentralfriedhof oder mit sonstigen verkitschten oder gar versifften Klischees, vom weißen Flieder, vom weißen Wein oder der Wahrheit, die so weiß wie Schnee ist, verhält, sei dahingestellt. Schließlich kann ja nicht jeder im frühern Leb'n a Reblaus g'wesen sein.

Von der Pracht und Herrlichkeit Wiener Architektur, politischen und sozialen Intentionen und historischen Metamorphosen zeugen einige aktuelle Publikationen. Welche Bedeutung Gemeindebauten bis heute – wie der aktuelle Wahlkampf belegt – haben, beleuchtet Harald A. Jahn in seinen beiden Bänden über Das Wunder des Roten Wien. Im ersten Teil beschreibt er die Grundlagen der Entwicklung, im zweiten Band stellt der Autor und Fotograf eine Auswahl der bedeutendsten Gemeindebauten vor, eingebettet in fünfzehn Spaziergänge.

Wiener Eigenheiten präsentieren die beim Denkmalamt der Hauptstadt tätigen Kunsthistoriker Gabriele Roithner und Andreas Lehne. Virtuos lassen sie Wiener Stadtjuwelen im Wandel der Zeit aufleben. Die Zeugnisse städtebaulicher Metamorphosen sind auch ein Spiegel der Gesellschaft, oszillierend zwischen Historismus und Zukunftsperspektive. Innert weniger Jahrzehnte mutierte Wien von einer tristen Melange aus Charme desolé, imperialer Vergangenheit und Verweigerung einer modernen Urbanisation. Das Untypische per se wurde zur Maxime des typisch Austriakischen erhoben, zerstört, larmoyant zelebriert. (Gregor Auenhammer, Album, 3.10.2015)