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Ohne das Protein Calcineurin fehlt Samenzellen der Antrieb.

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Wien/Osaka – Während Frauen eine Fülle von Verhütungsmitteln verschiedenster Qualität zur Verfügung stehen, ist die Auswahl für Männer überschaubar. Will Mann aber auch Verantwortung übernehmen, kann er entweder zu dem nicht ganz so sicheren Kondom greifen, oder er wählt die sehr sichere, aber mit einem medizinischen Eingriff verbundene Methode der Vasektomie, also die operative Durchtrennung des Samenleiters. Verhütung auf medikamentösem Weg ist, trotz jahrzehntelanger Forschung, derzeit noch nicht möglich.

Japanische Forscher um Haruhiko Miyata von der Universität Osaka berichten nun von entscheidenden Forstschritten auf diesem Gebiet: Sie konzentrierten sich auf eine Form des Proteins Calcineurin, das für die Beweglichkeit männlicher Samenzellen von Bedeutung ist. Ist die Geißel, also das Antriebssystem der Spermazelle, nicht voll einsatzfähig, gelingt es dem Spermium nicht, den Eileiter hinaufzuschwimmen, die Membran der Eizelle zu durchdringen und diese zu befruchten.

Ausgeschaltetes Protein

Die Forscher schalteten das Gen einer Calcineurin-Variante im Erbgut männlicher Mäuse aus und stellten fest, dass die Mäuse – obwohl äußerlich gesund und potent – unfruchtbar geworden waren. Die genauere Analyse der Spermien ergab, dass deren Beweglichkeit stark eingeschränkt war. Die Spermien konnten kaum noch schwimmen, geschweige denn die Kraft aufbringen, die äußeren Hüllen der Eizellen zu durchdringen, erläutern die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachblatts "Science".

Im nächsten Schritt wollte das Forscherteam herausfinden, ob sich dieser Effekt auch ohne Genmanipulation, also rein medikamentös auslösen lässt. Sie verabreichten den Mäusen zwei Wochen lang Medikamente, die die Calcineurin-Produktion zum Erliegen brachten. Die Behandlung begann nach fünf Tagen zu wirken, die Geißeln der Spermien waren nur noch eingeschränkt bewegungsfähig.

Die Wissenschafter schlossen daraus, dass das Eiweiß beim Heranreifen der Spermien beeinflusst werden kann, nicht bei bereits ausgewachsenen Samenzellen. Das Protein Calcineurin findet sich auch in menschlichen Samenzellen, sagen die Autoren. Der Entwicklung einer "Pille" für den Mann stünde nichts im Wege. Entscheidend sei aber, ob der Effekt schnell reversibel ist und keine langfristigen Schäden in der Spermienproduktion entstehen.

Doch das scheint bei dieser Methode sichergestellt: Bereits eine Woche nach der letzten Behandlung produzierten die Mäusemännchen wieder normale, zeugungsfähige Spermien. Diese neuen Erkenntnisse scheinen ein vielversprechender Schritt in Richtung medikamentöser Verhütungsmittel für Männer zu sein. Ob sich das Verfahren aber tatsächlich auf Menschen übertragen lässt, muss noch getestet werden. (Renate Degen, 3.10.2015)